Turbo Kid (2015) Kritik

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Turbo Kid, CA/NZ 2015 • 93 Min • Regie und Drehbuch: François Simard, Anouk Whissell, Yoann-Karl Whissell • Mit: Munro Chambers, Laurence Leboeuf, Michael Ironside, Edwin Wright, Aaron Jeffery • Kamera: Jean-Philippe Bernier • Musik: Le Matos • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Edel Germany GmbH • Heimkinostart: 13.11.2015 • Facebook-Seite

Turbo Kid (2015) Filmbild 1Da ist etwas Wahres an der Theorie, dass man als Anhänger großer Filmkunst auch großen Trash zu schätzen wissen sollte. Beide Pole besitzen schließlich einen ureigenen Reiz und auch ich bekenne mich als Anhänger von diversen C-Produktionen, vorzugsweise aus der Italohorrorfraktion oder dem Hause Roger Corman. Wenn die Qualität allerdings einen gewissen Schwellenwert unterschreitet und es nur noch um ein Sammelsurium der abwegigsten geistigen Abfälle auf niedrigstem inszenatorischem Niveau geht, wird es für mich schwierig. Ein solcher Schwellenwert ist natürlich nicht objektivierbar und so mancher mag Freude an Haien in Tornados, Nazis im Weltall oder David-Hasselhoff-Musikvideos haben – von Milliarden weiterer Beispiele abgesehen. Auch der Fantasy Filmfest-Publikumshit „Turbo Kid“ fällt für mich leider in die Kategorie „nicht ganz so schmerzhaft wie eine Zahnwurzelbehandlung, aber nah dran“. Und um eines gleich klarzustellen: Ich habe sogar eine marginal bessere Zeit mit dem grenzwertigen Troma-Schund „Surf Nazis Must Die“ von 1987 gehabt, als mit dieser ebenfalls postapokalyptischen Grütze. Dabei habe ich die ersten zehn Minuten des Klamauks noch auf einen originelleren und spaßigeren Vertreter des schlechten Geschmacks gehofft.

Turbo Kid (2015) Filmbild 2Und darum geht’s: 1997 ist die Erde Ödland und die überlebenden Menschen spalten sich in einigermaßen nett oder ganz schön finster und böse auf. Die Bösen haben die Kontrolle, töten dabei selbstverständlich die Guten und extrahieren auf geschickte Weise aus deren Blut den Wasseranteil. Die Guten wiederum sammeln fleißig Müll und tauschen diesen auf einer Börse ein. Ein wenig aus der Reihe fällt ein namenloser Junge (Munro Chambers), der sich einsam seinen geliebten "Turbo Rider"-Comicheften hingibt und eines Tages das aufdringliche Mädchen Apple (Laurence Leboeuf) kennenlernt, die sich wie eine mit synthetischen Drogen vollgepumpte Raverin aufführt. In Wirklichkeit ist Apple übrigens kein Mädchen, aber ihr Geheimnis ist entweder in Anbetracht des Mikroplots unwichtig oder für Fans des Stoffes wohl als Spoiler zu werten. Was man jedoch inhaltlich erwähnen sollte ist, dass der jugendliche Held in einem irgendwie abgestürzten Raumschiff einen Originalanzug seines Comicvorbilds findet, mit dem er Leute wie Melonen zerplatzen lassen kann, und dass er inzwischen gewaltigen Ärger mit dem sinistren Herrscher Zeus (ein gealterter Michael Ironside) und dessen Pappkameraden hat. Jetzt fliegen buchstäblich die Fetzen …

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Turbo Kid (2015) Filmbild 3Eigentlich gibt es über „Turbo Kid“ wenig zu sagen, da die Story problemlos auf einem Bierdeckel Platz findet und einen die bemüht dilettantische Umsetzung entweder anspricht oder abschreckt. Ein Dazwischen gibt es nicht – vertraut mir! „Turbo Kid“ basiert übrigens auf dem Kurzfilm „T is for Turbo“, der Teil der anstrengenden „ABCs of Death“-Reihe ist. Vor allem auf dem Trashsektor hat sich die Spielfilmausarbeitung eines Shorties zuletzt qualitativ nicht sehr bewährt: Angefangen bei dem streckenweise noch charmanten aber insgesamt unausgegorenen „Machete“ von Robert Rodriguez über Jason Eiseners nahezu unerträglichen „Hobo with a Shotgun“ bis schließlich zu dem gänzlich unerträglichen „Turbo Kid“ habe ich mich immer gefragt, ob es die wenigen Minuten an kostengünstiger Selbstironie nicht auch getan hätten. Wenn man hier das erste Mal darüber gelacht hat, dass sämtliche Protagonisten auf BMX-Rädern unterwegs sind und die ersten Gliedmaßen, Torsos und Eingeweide über die Leinwand geflogen sind, stellt sich – zumindest bei mir – sehr schnell die Ernüchterung ein, da es sonst nicht wirklich viel zu sehen und zu erleben gibt. Es stellt sich genau das ein, was vor allem für guten Trash eine Todsünde ist: Langeweile und Lethargie. Im weiteren Verlauf werden Kiefer herausgerissen, abgetrennte Oberkörper landen auf Köpfen, weitere abgetrennte Oberkörper landen auf Köpfen von abgetrennten Oberkörpern, die auf Köpfen sitzen, und Figuren werden von Regenschirmen durchspießt, woraufhin es in dieser Parallelvergangenheit offensichtlich minutenlang Blut regnet.

Nein, „Turbo Kid“ ist nicht mein Film, aber das werde ich verkraften. Die Chemie zwischen den beiden Kindern, die von vielen zufriedenen Zuschauern sehr gelobt worden ist, hat mich übrigens auch nicht erreicht. Dafür muss ich zumindest hervorheben dass Hauptdarsteller Munro Chambers durchaus Potential für bessere Rollen erkennen lässt und der Synthiesoundtrack von Le Matos teilweise sogar gelungen ist. Dass ich dagegen gar nicht erwähnt habe, dass der Film von François Simard, Anouk Whissell und Yoann-Karl Whissell inszeniert worden ist, zeigt schon, dass ich hier überhaupt wenig von einer professionellen Inszenierung bemerkt habe …


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