Conjuring – Die Heimsuchung (2013)

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The Conjuring, USA 2013 • 112 Min • Regie: James Wan • Drehbuch: Chad Hayes, Carey Hayes • Mit: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Lili Taylor, Ron Livingston, Shanley Caswell • Kamera: John R. Leonetti • Musik: Joseph Bishara • FSK: ab 16 • Kinostart D: 1. August 2013

Kritik

conjuring-Vera-FarmigaJames Wan schlägt wieder zu: dem jungen australischen Regisseur haftet der schmeichelhafte Ruf eines Erfolgsgaranten an, dessen Filme die Produktionskosten an der Kinokasse gleich mehrfach zurückspielen. Das gilt ebenso für seinen aktuellen Gruselfilm, Conjuring – Die Heimsuchung, der in den USA bereits nach drei Tagen das Doppelte seines Produktionsbudgets wieder einspielen konnte. Die Fähigkeiten von Wan haben sich auch bei Hollywoods Studiobossen längst rumgesprochen, und so wurde schon vor dem US-Kinostart von Conjuring bekannt, dass ein Nachfolgefilm mit James Wan im Regiestuhl geplant werde. Das blinde Vertrauen war gerechtfertigt, denn dem Saw-Regisseur gelingt es mit seinem neusten Spukfilm wiederholt, das eingerostete Horror-Genre mit viel Detailliebe und reduzierten Knall- und Bluteffekten aufzufrischen.

Harrisville, 1971: Roger und Carolyn Perron ziehen gemeinsam mit ihren fünf Kindern in ihr Traumschloss, ein abgelegenes Farmhaus jenseits des urbanen Treibens. Doch kurz nach dem Einzug zerstören finstere Mächte die traute Familienidylle und terrorisieren alle Angehörigen, bis sich Mutter Carolyn entschließt, die Dämonologen und Psi-Experten Ed und Lorraine Warren um Hilfe zu bitten. Schnell wird den beiden bewusst, womit sie es zu tun haben, doch das schier unendliche Ausmaß an dämonischen Hass scheint selbst für die Experten nicht zu bewältigen…

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Vor Amityville gab es bereits Harrisville – so lautet ein Werbesatz des Studios für den Film Conjuring – Die Heimsuchung. Der Hintergrund: der Horrorfilm The Amityville Horror von 1979 sowie das Remake von 2005 mit Ryan Reynolds basieren ebenfalls auf den Geschichten von Ed und Lorraine Warren, die wirklich existierten und als Forscher für Parapsychologie zahlreiche vermeintliche Geisterhäuser untersucht haben. Ob man nun an derartigen Okkultismus glaubt oder nicht, Conjuring – Die Heimuschung dürfte wohl Gläubige wie Ungläubige und auch Agnostiker gleichermaßen verzücken.

conjuring-reviewUm gleich auf den Punkt zu kommen, der viele ob des positiven Kritikerechos vielleicht erstaunt: Wans neueste Horrorshow ist keine Frischzellenkur für das Horror-Genre im eigentlichen Sinne, wie etwa das letztjährige The Cabin in the Woods, im Grunde genommen greift der Regisseur nur auf bewährte Elemente aus dem Horrorbestand zurück und nimmt sich Versatzstücke aus Filmen wie dem zuvor erwähnten Amytiville Horror, Paranormal Activity, Der Exorzist und sogar Hitchocks Die Vögel – der Film bietet eigentlich keine frischen Impulse. Der Unterschied zu anderen modernen Genre-Vertretern, die in dieselbe Kiste greifen: Conjuring wirft nicht wahllos irgendwelche Horror-Klischees in die wieder aufgewärmte Suppe hinein, sondern wählt seine Zutaten mit Bedacht und umschifft Klischee-Fallen, so weit das für einen Horrorfilm heute möglich ist. Natürlich sind auch in Conjuring die Türscharniere nicht geschmiert und quietschen unentwegt, vermeintliche Windstöße werfen Gegenstände um, Stimmen hallen aus dem Dunklen, und natürlich geht auch immer jemand alleine nachsehen, statt im sicheren Schoß der Gruppe zu bleiben. Und dennoch schafft es der Film nicht nur, seinen Klischees zu trotzen, sondern diese elegant für sich zu nutzen und auf den Zuschauer glaubhaft zu transportieren. Das verdankt der Film einem sehr feinsinnigen Rhythmus im Spannungsbogen und einer dichten Dramaturgie, die besonders von der präzisen Figurenzeichnung profitiert, die sich in ca. 112 Minuten für einen Horrorfilm wirklich beachtlich schlägt und in diesem Punkt so manches schwermütiges Hollywood-Filmdrama in die Tasche steckt.

Dank etablierter Darsteller kann das Drehbuch voll ausgereizt werden, Vera Farmiga und Patrick Wilson, die spätestens in der zweiten Filmhälfte als Dämonologen-Ehepaar das Zepter vollständig ergreifen, aber auch Lili Taylor und Ron Livingston als Familienoberhäupter spielen ihre Rollen absolut souverän und flößen dem Film den Schuss Substanz ein, der ihn weit über effektgeilen Horror-Einheitsbrei hebt. Die Figuren fesseln und sind einem nicht egal, man schaut ihnen über die Schulter und fiebert mit, und genau deshalb gehen die Gruselmomente im Film einem viel mehr unter die Haut als üblich, die Schockeffekte enfalten ihre volle Wirkungskraft, weil man gebannt der Erzählung und den tollen Figuren folgt und ganz plötzlich wird man überfallen von gruseligen Schockeffekten, die einen bis ins Mark treffen. Selbst erfahrene Horrorspezis sollten vielleicht besser nicht mit Bluthochdruck in die Vorstellung gehen! Die kleinen Tricks, derer sich James Wan aus der Klischeekiste bedient, unterstützen die Erzählung, bleiben aber erfreulich unaufdringlich und tragen nicht etwa die ganze Handlung, wie manch andere Horror-Klamotte.

Vergoldet wird das Gesamtkunstwerk von der düsteren, nicht hektischen, aber in den entscheidenen Momenten schnell geschnittenen Inszenierung, musikalisch wunderbar klassisch untermalt mit Anleihen aus 60er/70er-Jahre Songs und bedrohlichen Instrumentalstücken, und nicht zuletzt einer sehr gelungenen Maske, die den Geistern eine hübsch furchterregende Fratze verpasst.

Fazit

James Wan erfindet das Horror-Genre nicht neu. Muss er auch gar nicht, er würzt mit vorhandenen Zutaten und kocht einen schmackhaften Genremix aus Drama und Horror,  der fesselt und schockiert bis das Blut gefriert.

Trailer

 

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