Robert Eggers spricht über den Kassenflop seines Wikinger-Epos The Northman

Alexander Skarsgård in The Northman © 2022 Universal Pictures

Quelle: The Daily Beast

Neben Ari Aster (Hereditary, Midsommar) ist Robert Eggers einer der größten aufgehenden Sterne des außergewöhnlichen, genreübergreifenden US-amerikanischen Kinos der letzten Jahre. Ihre Filme lassen sich nur schwer in eine Schublade stecken und machen es den Mainstream-Kinogängern auch nicht leicht. Eggers' Regiedebüt The Witch, eine mystische Horrorgeschichte über eine Puritaner-Familie in Nordamerika des 17. Jahrhunderts, wurde in frühneuenglischer Sprache gedreht, um Authentizität der historischen Periode zu gewährleisten. Sein zweiter Film, Der Leuchtturm, war noch weniger zugänglich. Gedreht auf 35mm, in Schwarzweiß und eine nahezu quadratischen 1,19:1-Seitenverhältnis erzählte der Film die klaustrophobische Geschichte von zwei Leuchtturmwärtern (Willem Dafoe und Robert Pattinson) Ende des 19. Jahrhunderts, die in Isolation langsam dem Wahnsinn und der Paranoia verfallen. Der Leuchtturm verweigerte sich jeglicher Festlegung auf ein Genre und bewegte sich irgendwo zwischen Charakterstudie, Horrortrip und Survival-Film. Pattinson war nie besser als in dem Film und für die Kameraarbeit gab es eine verdiente Oscarnominierung.

ANZEIGE

The Witch und Der Leuchtturm haben viele begeisterte Anhänger unter Filmkritikern und anspruchsvollen Cineasten gefunden, waren jedoch denkbar weit entfernt von leicht verdaulicher Mainstream-Kost. Weil beide Filme verhältnismäßig günstig waren ($4 Mio für The Witch, $11 Mio für Der Leuchtturm) lastete auf ihnen auch nicht der große Erfolgsdruck. Umso erstaunlicher war es, dass Eggers für seinen dritten Film, das Wikinger-Racheepos The Northman, ein sattes Budget von rund $70-90 Mio bekommen hat. Natürlich wusste Eggers, dem historische Authentizität seiner Filme sehr wichtig ist, das Geld gut einzusetzen, doch würde ein brutaler, esoterischer 140 Minuten langer Wikinger-Film, der mit Nicolas Winding Refns Valhalla Rising mehr gemeinsam hat als mit der beliebten Serie "Vikings", genug Zuschauer in die Kinos locken, um sich zu rentieren?

Nachdem ich den Film bei der Pressevorführung erstmals gesehen habe, war ich mir der Antwort auf diese Frage recht sicher und wurde wenige Wochen später in meiner Vermutung bestätigt. Obwohl The Northman definitiv mainstreamtauglicher ist als Eggers' Vorgängerfilme und die Kritiken wieder sehr positiv waren, floppte er an den Kinokassen mit einem Einspiel von rund $69 Mio weltweit. Davon ging natürlich nur ein Teil wieder an das Studio und das oben genannte Budget beinhaltet keine Marketingkosten. In den USA wurde der Film nur drei Wochen nach seinem mittelprächtigen Start über Video-On-Demand ausgewertet, um zumindest so noch mehr Geld zurückzuholen.

Eggers selbst hat in den Interviews keinen Hehl daraus gemacht, dass die Fertigstellung des Films in der Post-Production die bislang schwierigste Erfahrung seiner Karriere war, weil es ein Tauziehen zwischen dem Studio und ihm darstellte, eine Version des Films herauszubringen, die einerseits den größten Unterhaltungswert hat, andererseits aber Eggers' Vision treu bleibt. Am Ende waren beide Seiten mit der Kinofassung zufrieden, doch für die durchschnittlichen Kinogänger war The Northman nicht die erste Wahl. In einem neuen interview ist Eggers auf den Flop des Films eingegangen und attribuierte ihn u. a. auf die neuen Marktbedingungen nach der Covid-Pandemie: (aus dem Englischen)

Ich denke, er hat die Erwartungen einer schlechten Marktlage erfüllt. Bin ich enttäuscht, dass wir nach drei oder vier Wochen bereits bei Video-On-Demand waren, weil die Dinge in der post-COVID-Welt so gehandhabt werden? Ja. Aber er läuft super bei Video-On-Demand, von daher.

Es stimmt sicherlich, dass die Filme seit Covid deutlich schneller im Heimkino bzw. bei Video-On-Demand landen als vorher, doch auch eine längere Verweildauer in den Kinos hätte The Northman nicht wesentlich erfolgreicher gemacht, denke ich. Man darf nie vergessen, dass Filme zwar eine Kunstform sind, das Filmgeschäft aber auch eine Industrie und Studios Unternehmen sind, die mit Filmen ihr Geld verdienen. So gut Eggers' Filme auch sind, sie sind einfach nicht für den Massengeschmack geeignet und insofern ist es zwar löblich, dass ein Studio bereit war, $70 Mio oder mehr in ihn zu investieren, aber es war naiv zu glauben, dass er einen großen Zuschauerhit abliefern würde.

Das ist Eggers selbst auch bewusst und nach dem kommerziellen Misserfolg des Films überlegt er nun, wie es für ihn weitergehen wird. Dabei stellte er klar, dass er keinerlei Interesse an Comicverfilmungen hat und vor allem seinen bisherigen Vorstellungen und Prinzipien treu bleiben will:

Ich muss mir eine neue Strategie überlegen dazu, was ich einem Studio vorschlage. Wie kann ich mir gleichzeitig treu bleiben und in dieser Umgebung überleben? Denn obwohl sie mich eh nicht haben wollen würden, würde ich keinen Marvel-Film drehen wollen, und ich werde auch nicht versuchen, die Rechte an Spawn oder so etwas zu bekommen.

Ich werde das weitermachen, was ich bislang gemacht habe, aber ich weiß, dass jetzt alle nervös sind, wisst ihr. All sind nervös. Und das ist berechtigt.

Nichtsdestotrotz halten meine Kollegen und ich zusammen und wir haben gesagt, dass wir uns nicht mit etwas abfinden werden, worauf wir nicht stolz sind. Also haben wir es auch nicht getan. Aber es gab sicherlich Zeiten in der Post-Production, in denen das schwierig war.

Wie hat Euch The Northman gefallen?

Weitere Film- und Serien-News

Mehr zum Thema