Martin Scorseses Killers of the Flower Moon hat ein absurd hohes Budget, wird von Apple finanziert

Al Pacino, Martin Scorsese und Rodrigo Prieto am Set von The Irishman © 2020 Netflix

Quelle: The Hollywood Reporter

Letztes Jahr hat Martin Scorsese ziemlich unmissverständlich klargestellt, dass er kein großer Fan von Marvel-Verfilmungen ist. Doch während er die Marvel-Filme vielleicht nicht mag, mag er ganz offensichtlich deren Budgets. Falls Ihr Euch gefragt habt, weshalb sein letzter Film The Irishman trotz seines gigantischen Prestigefaktors und Staraufgebots nicht regulär in die Kinos kam, sondern bei Netflix erschienen ist: Die Antwort darauf liegt in den Zahlen. Kein "normales" Filmstudio war bereit, The Irishman für Scorsese zu finanzieren. Das ursprüngliche Budget des dreieinhalbstündigen Films wurde auf $150 Mio veranschlagt, ist jedoch aufgrund der revolutionären und hochkomplexen Verjüngungseffekte während der Post-Production auf mindestens $200 Mio angewachsen. Wir sprechen hier von einem ernsten, ruhigen Gangsterdrama, das mehr kostete als Captain Marvel, Wonder Woman oder die letzten Spider-Man-Filme. An den Kinokassen hätte der Film nie eine Chance gehabt, Profit abzuwerfen, und daher haben sich die großen Hollywood-Studios trotz Namen wie Scorsese, De Niro, Pacino und Pesci nicht darum gerissen.

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Mit seinem nächsten Film setzt Scorsese noch einen drauf. Killers of the Flower Moon, den der Regisseur als seinen ersten Western angekündigt hat, sollte ursprünglich ab März mit Scorseses Musen Robert De Niro und Leonardo DiCaprio in den Hauptrollen gedreht werden, wurde aber wegen der Corona-Krise nach hinten verschoben. Doch die Pandemie ist nicht der einzige Grund, weshalb die Produktion länger warten muss. Paramount hat angesichts des wachsenden Budgets kalte Füße bekommen. Das Budget wurde zunächst auf mehr als $150 Mio veranschlagt, doch die Kosten sind im Vorfeld schon explodiert. Paramount-Chef Jim Gianopulos soll Scorsese erklärt haben, dass seine Schmerzensgrenze bei $180 Mio liege. Auch das war nicht genug und der Meisterregisseur musste sich nach weiteren Geldgebern umschauen. Als erstes kontaktierte er persönlich Netflix und der Streamer war bereit, $215 Mio bereitzustellen, doch aus irgendeinem Grund war sogar das für einen historischen Krimi-Western nicht genug. Schließlich sprang Tech-Gigant Apple ein und wird den Film finanzieren, dessen Budget nun auf $225 Mio geschätzt wird.

Wie genau diese absurde Summe zustandekommt, ist mir absolut schleierhaft. Sicher, Scorsese kostet viel Geld, und Niro und DiCaprio, die erstmals für einen Scorsese-Spielfilm Seite an Seite stehen werden, sind nicht billig. Aber 225 Millionen US-Dollar?!

Killers of the Flower Moon ist die Adaption von David Granns gleichnamigem Sachbuch, dessen Rechte für $5 Mio erworben wurden. In dem Film geht es um eine Reihe von Morden an Mitgliedern des Osage-Indianerstamms in Oklahoma, die in den 20er Jahren stattgefunden hat, nachdem große Ölvorkommen unter ihrem Land gefunden worden sind. Die Ermittlungen in dieser Mordserie bildeten einen der ersten großen Fälle des Bureau of Investigation, des direkten Vorläufers des FBI. De Niro wird William Hale spielen, den König von Osage County, auf dessen Geheiß die meisten Morde geschehen sind.

Klingt irgendetwas von dieser Beschreibung nach einem Film mit $225 Mio Budget für Euch? Das ist mehr als der erste Avengers-Film kostete, mehr als Christopher Nolans kommender Blockbuster Tenet. Wird Scorsese vielleicht eine Zeitmaschine bauen lassen, um in die 20er zurückzureisen, um den Film zu drehen? Finden die Morde vielleicht doch nicht in Oklahoma statt, sondern auf einem Jupitermond?

Nicht falsch verstehen: Ich freue mich um jeden Scorsese-Film, und The Irishman war einer meiner Lieblingsfilme aus dem letzten Jahr. Es ist großartig, wenn ein Filmemacher eine klare Vision hat und Mittel findet, diese umzusetzen. Doch Wahnsinnsbudgets wie diese machen es einfach unmöglich, dass bestimmte Filme Erfolge feiern, denn ein Krimi-Western, auch wenn er von Scorsese ist, und DiCaprio und De Niro mitspielen, hat einfach nicht das Box-Office-Potenzial einer Comicverfilmung. Und es gibt meiner Meinung nach einfach keinen validen Grund, weshalb ein Film wie dieser mehr als $200 Mio kosten soll.

Paramount wird den Film weiterhin vertreiben, sodass er immerhin einen richtigen Kinostart bekommen wird. Der Wermutstropfen ist aber, dass Apple als Geldgeber zum schöpferisch leitenden Studio des Projekts geworden ist. Ausgerechnet Apple, die noch vor dem Start ihres Streaming-Diensts dafür berüchtigt wurden, bei den Machern ihrer Serien auf ein Minimum von Sex und Gewalt zu bestehen, damit ihre Produkte weiterhin dem Apple-Image entsprechen. Und diesem Unternehmen vertraut Scorsese die Finanzierung seines neusten Films an, weil die $180 Mio von Paramount oder $215 Mio von Netflix nicht genug waren. Für einen Krimi-Western, wie ich an dieser Stelle erneut betonen möchte.

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