Cary Fukunaga erklärt seinen Ausstieg bei Stephen Kings Es

Quelle: Variety

Es war einmal…da sollte Regisseur Cary Fukunaga, der mit Sin Nombre und Jane Eyre auf sich aufmerksam gemacht hat und mit seiner Inszenierung der ersten "True Detective"-Staffel einen kometenhaften Aufstieg in Hollywood verbuchte, Stephen Kings Romanklassiker "Es" als Zweiteiler ins Kino bringen. Erstmals angekündigt wurde Fukunaga als Regisseur des Projekts eigentlich noch lange vor "True Detective", und zwar im Sommer 2012, doch gerade die Popularität der Krimiserie hat erst recht die Aufmerksamkeit der Fans auf das Projekt gerichtet. Manch einer stöhnte natürlich auf, dass es nur ein weiteres unnötiges Horror-Remake sei, doch dem sei entgegnet, dass "Es" noch nie für das Kino adaptiert wurde und so eindrucksvoll wie Tim Currys Performance als Pennywise war, die Fernsehadaption von 1990 ist nicht sonderlich gut gealtert. Ein Werk wie "Es" sollte eine Chance im Kino bekommen und angesichts des Umfangs der Vorlage und seiner Struktur erscheint eine Umsetzung in zwei Filmen durchaus angemessen. Die Besetzung von Will Poulter als Antagonist Pennywise ließ viele die Stirn runzeln, doch der Fukunaga-Faktor ließ darüber hinwegsehen.

Doch es sollte nicht sein. Nur wenige Woche vor Beginn der Dreharbeiten im Juni, verließ Fukunaga überraschenderweise das Projekt. Als Grund wurde damals in der Berichterstattung häufig die Uneinigkeit zwischen dem Studio und dem Regisseur hinsichtlich des Filmbudgets angegeben. Jetzt hat Fukunaga, dessen neuster Film Beasts of No Nation die Filmfestspiele von Venedig eröffnet hat (und nächsten Monat auf Netflix debütieren wird), klargestellt, dass das Budget nicht der Grund für die Probleme mit dem Studio war. Tatsächlich war es wohl einer der wenigen Punkte, in denen Einigkeit herrschte. Darüber hinaus kamen er und sein Co-Autor Chase Palmer mit Warner Bros. aber offensichtlich nicht auf einen Nenner. In einem überraschend offenen und unverblümten Interview erklärte Fukunaga ausführlich, weshalb er sich gezwungen sah, das Handtuch zu werfen: (aus dem Englischen)

Ich wollte einen unkonventionellen Horrorfilm machen. Es hat nicht ins Schema gepasst, von dem sie wussten, dass sie Geld investieren und später verdienen würden, ohne das typische Genrepublikum vor den Kopf zu stoßen. Unser Budget war absolut in Ordnung. Wir hatten immer etwa $32 Mio im Blick, was auch den Vorstellungen des Studios entsprach.

Es war der kreative Teil, gegen den das Studio sich sträubte. Sie mochten es nicht. Im ersten Teil wollte ich einen gehobenen Horrorfilm mit tatsächlichen Charakteren machen. Sie wollten keine Charaktere. Sie wollten Archetypen und Gruselmomente. Ich schrieb das Drehbuch. Sie wollten, dass ich ein deutlich harmloseres und konventionelleres Drehbuch schreibe. Aber ich denke nicht, dass man Stephen King angemessen adaptieren kann und dabei harmlos bleiben kann.

Der große Unterschied war, dass ich aus Pennywise mehr als nur einen Clown machen wollte. Nach 30 Jahren an Schurken, die die Emotionen und Gedanken der Charaktere lesen und sie erschrecken konnten, wollte ich wirklich sadistische und intelligente Wege finden, wie er die Kinder erschreckt. Außerdem hatten diese Kinder in meiner Vorstellung auch ein Leben, bevor sie erschreckt wurden. All diese Charakterentwicklung erfordert Zeit. Es ist ein langsamer Aufbau, aber er zahlt sich aus, insbesondere beim zweiten Film. Aber sogar im ersten Film hätte sich der Aufbau gelohnt.

Es wurde abgelehnt. Jede Kleinigkeit wurde abgelehnt und es wurde um Änderungen gebeten. Unsere Gespräche waren nicht dramatisch, sie waren eher auf eine ruhige Weise verbittert. Wir wollten nicht denselben Film machen. Wir haben bereits Millionen während der Vorproduktion ausgegeben. Ich wollte auf keinen Fall einen Film machen, bei dem mir jemand die ganze Zeit diktieren würde, wie ich etwas zu tun habe, sodass ich nicht frei gewesen wäre, etwas Gutes zu erschaffen. Ich habe nie den Wunsch, etwas zu vermasseln. Ich möchte alles so gut machen, wie es geht.

Wir haben Jahre unseres Lebens und viel anekdotische Erzählung in den Film investiert. Chase und ich haben beide unsere Kindheit in der Geschichte verarbeitet. Unsere größte Angst war also, dass sie unser Drehbuch nehmen und es verfälschen würden. Insofern bin ich dankbar, dass sie es umschreiben. Ich fände es nicht gut, wenn sie unsere Kindheitserinnerungen stehlen und sie nutzen würden. Ich meine, ich weiß nicht einmal, ob die Fans das gemocht hätten, was ich vorhatte. Ich habe dem Geist von Kings Werk geehrt, aber ich musste es auch modernisieren. King sah einen frühen Entwurf und mochte ihn.

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Wenn Euch die Situation an Edgar Wrights Ausstieg bei Ant-Man, an dem er auch acht Jahre lang gearbeitet hat, erinnert, dann seid Ihr nicht alleine. Der aktuelle Stand ist, dass Mama-Regisseur Andrés Muschietti für Fukunaga einspringen soll. Das Drehbuch wird seinen Vorstellungen (und sicherlich auch denen des Studios) entsprechend umgestaltet. Muschietti ist ein kompetenter Regisseur und auch Ant-Man war ohne Wright kein komplettes Desaster, aber es wird nun immer die Frage im Raum bleiben nach dem "Was wäre wenn…?". Schon zuvor war ich an Fukunagas Vision von Es interessiert, doch seine Ausführungen oben machen mich erst recht neugierig. Leider werden wir es nie erfahren. Andererseits kann ich natürlich auch nachvollziehen, dass ein Studio, das einen Film finanziert, gerne auch Profit haben möchte, und Fukunagas Skript war vermutlich alles andere als massentauglicher Horror. Es wäre vermutlich vom Studio zu viel verlangt, zur Abwechslung mal zu hoffen, dass Qualität sich trotzdem durchsetzt. Den Cineasten bleibt wohl zu hoffen, dass eines Tages Fukunagas Drehbuch vielleicht seinen Weg ins Internet findet, sodass sich dann zeigen kann, was daran genau so böse und anstößig war und Warner die Nase rümpfen ließ.

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