Die letzten zwei Jahre waren eine Achterbahn der Gefühle für Saw-Fans. Als viele von ihnen die Hoffnung auf einen guten neuen Teil bereits aufgegeben hatten, überraschte Saw X 2023 als eine der besten Fortsetzungen der Reihe. Dabei war das Erfolgsrezept rückblickend so einfach: Die Fans wollten Tobin Bell als Jigsaw sehen – und bekamen in Saw X mehr denn je von ihm. Dadurch, dass der Film zeitlich zwischen dem ersten und dem zweiten Teil spielte, musste er nicht auf Flashbacks ausweichen, um ihn zurückzubringen. Dass Bell gut 30 Jahre älter war als der Charakter, den er spielte, sah man dem Film gerne nach. Saw X wurde nicht nur zu einem der kommerziell erfolgreichsten Teile der Reihe, sondern tatsächlich zum ersten Saw-Film, der überwiegend positive Kritiken in der Presse erhielt. Fast 20 Jahre nach dem Start des Folterhorror-Franchises haben die Kritiker es endlich in ihre Herzen geschlossen.
Nach dem Erfolg des Films ließ sich Lionsgate nicht lange bitten und kündigte den 11. Teil für Herbst 2024 an. Kevin Greutert sollte wieder Regie führen, und Marcus Dunstan sowie Patrick Melton – die bereits Saw IV, Saw V, Saw VI und Saw 3D – Vollendung schrieben – wurden als Autoren verpflichtet. Alles schien darauf hinzudeuten, dass Saw wieder zum jährlichen Horrorevent werden würde, wie einst in den 2000ern.
Es gab jedoch einen Haken: Die beiden Produzenten Oren Koules und Mark Burg, deren Produktionsfirma Twisted Pictures die Franchise-Rechte mit Lionsgate teilt, konnten sich partout nicht darüber einig werden, welche Richtung der elfte Film einschlagen sollte. Ihre internen Streitigkeiten führten dazu, dass das Projekt nicht vorankam. Der Kinostart wurde zunächst auf Herbst 2025 verschoben.
Im März erreichte uns dann die besorgniserregende Meldung, dass die beiden dermaßen miteinander zerstritten seien, dass auch der neue Starttermin nicht eingehalten werden könne, weil die beiden Streithähne immer noch keinen gemeinsamen Nenner gefunden hätten. Nach einem fulminanten Revival stand die Zukunft der Saw-Reihe also wieder vor einem abrupten Aus – zumindest als direkte Fortführung mit Tobin Bell, denn der 82-jährige Schauspieler wird auch nicht jünger.
Als nicht ganz unerwarteter Retter in der Not schritt nun die Produktionsfirma Blumhouse ein, die sich längst einen Namen als Hollywoods erfolgreichste Horrorschmiede gemacht hat. Blumhouse kaufte Twisted Pictures deren 50%-Anteil am Saw-Franchise ab. Lionsgate behält seine eigenen 50 % und wird die künftigen Filme gemeinsam mit Blumhouse produzieren und vertreiben.
Für Blumhouse ist der Erwerb der Saw-Rechte einer der größten Coups in der Unternehmensgeschichte. Firmengründer Jason Blum strebt bekanntlich danach, immer mehr bekannte Horrorreihen unter das eigene Dach zu holen. Mit einem weltweiten Gesamteinspiel von mehr als einer Milliarde US-Dollar ist Saw eines der erfolgreichsten modernen Horror-Franchises – und Saw X zeigte, dass es immer noch viele Fans hat.
Für die Fans ist die Rettung der Reihe durch Blumhouse ein zweischneidiges Schwert: Einerseits sichert sie natürlich auf lange Sicht eine stabile Zukunft der Reihe im Kino. Andererseits ist es nicht das erste Mal, dass Blumhouse sich einer etablierten Horrorfilmreihe annimmt – und die bisherigen Ergebnisse waren, gelinde gesagt, gemischt. David Gordon Greens Halloween-Trilogie fing gut an, polarisierte jedoch viele Horrorfans mit ihrem Mittelteil und einem unkonventionellen Abschlussfilm. Kommerziell waren die Filme jedoch sehr erfolgreich, sodass Green auch das Sequel zu Der Exorzist anvertraut wurde – das jedoch dermaßen schlecht ankam, dass seine Pläne für zwei weitere Filme komplett verworfen wurden. Stattdessen soll nun Mike Flanagan (Doctor Sleeps Erwachen) einen komplett eigenständigen Der-Exorzist-Film inszenieren.
Die Handhabung von Halloween und Der Exorzist erfüllt nicht gerade viele Genrefans mit großer Zuversicht, was Saw betrifft. Doch es gibt auch einen Grund, optimistisch zu sein: Jason Blum kündigte bereits an, dass die beiden Franchise-Schöpfer James Wan und Leigh Whannell aktiv an den künftigen Saw-Filmen beteiligt sein werden und dafür sorgen sollen, die Weichen für die Zukunft der Reihe zu stellen.
Überraschend ist das nicht, denn James Wans Produktionsfirma Atomic Monster fusionierte letztes Jahr mit Blumhouse – auch wenn beide weiterhin als separate Labels operieren. Whannell erschuf den ersten Saw gemeinsam mit Wan, und Wan feierte mit dem Film sein Regiedebüt. Whannell war auch an den Drehbüchern der ersten beiden Fortsetzungen beteiligt, während Wan der Ideengeber für Saw III war, in dem John Kramer/Jigsaw starb. Danach wurden beide aus rechtlichen Gründen als ausführende Produzenten aller künftigen Teile geführt, waren jedoch faktisch nicht kreativ beteiligt. Der Kauf der Rechte durch Blumhouse soll das nun ändern.
Es bleibt jedenfalls spannend, wie die Zukunft von Saw unter ihrer Leitung aussehen wird – und ob der unvermeidliche 11. Film überhaupt auf Saw X aufbauen und Tobin Bell zurückbringen wird. Der Misserfolg von Saw: Spiral im Kontrast zum Triumph von Saw X zeigte jedenfalls ganz deutlich, was die Fans von einem Saw-Film erwarten.
Quelle: Variety