Good Boy (2025) Kritik

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Good Boy, USA 2025 • 73 Min • Regie: Ben Leonberg • Drehbuch: Alex Cannon, Ben Leonberg • Mit: Indy, Shane Jensen, Arielle Friedman, Larry Fessenden, Stuart Rudin, Anya Krawcheck • Kamera: Wade Grebnoe • Musik: Sam Boase-Miller • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: DCM • Kinostart: 30.10.2025 • Deutsche Website

Halloween steht vor der Tür und Horrorfans warten bereits sehnsüchtig auf frischen Genre-Nachschub für die gruselige Jahreszeit. Mit „Good Boy“ von Regisseur und Co-Autor Ben Leonberg schafft es ein ungewöhnlicher Beitrag aus dem Festival-Kreislauf pünktlich in unsere Kinos. Nicht etwa ein Mensch, sondern ein realer und außerordentlich niedlicher Nova Scotia Duck Tolling Retriever namens Indy, steht im Mittelpunkt des unheimlichen Geschehens. Man sollte sich von dem fluffigen Konzept allerdings nicht täuschen lassen, denn „Good Boy“ ist nicht etwa ein Spuk-Spaß für die ganze Familie, sondern ein ausgewachsener und atmosphärisch dichter Horrorschocker.

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Der Beginn mutet noch freundlich an und wir erleben, wie der treue Vierbeiner mit seinem Herrchen Todd (Shane Jensen) auf der Couch kuschelt, während auf dem Fernseher nur noch Bildrauschen zu sehen ist. Nicht etwa Wesen aus einer anderen Dimension, wie in Tobe Hoopers Klassiker „Poltergeist“, sollen Indy schließlich aufschrecken lassen, sondern Todd, der plötzlich einen Schwall Blut hustet und von seiner Schwester Vera (Arielle Friedman) noch rechtzeitig aufgefunden wird. Später soll der offensichtlich ernsthaft kranke Todd in das abgelegene Haus seines verstorbenen Großvaters ziehen, welches neben morbiden Memorabilien, wie ausgestopften Tieren, möglicherweise auch eine böse Macht beherbergt. Zumindest Indy reagiert zunehmend nervös auf Geräusche und Bewegungen in Schatten – sollen dem Hund seine besonders ausgeprägten Sinne einen Streich spielen, oder geht in dem Anwesen wirklich etwas nicht mit rechten Dingen zu?

Ein Hund als Protagonist – das funktioniert in „Good Boy“ schonmal prächtig. Denn abgesehen von vielleicht eingefleischten Tierhassern sollten alle Kinogänger den süßen Indy (verkörpert von der gleichnamigen Fellnase ohne CGI-Einsatz!) von der ersten Einstellung an ins Herz schließen und im Verlauf mit ihm um Todd fürchten. Oder sich vor Todd fürchten: So ganz klar ist zunächst nicht, ob die beunruhigenden Vorgänge primär mit dem neuen Zuhause oder mit dem ausgelaugten und manchmal ausfallend aggressiven Herrchen zusammenhängen. Nach einer rührenden Montage zu Beginn, die das Leben des kleinen Indy bis in die Gegenwart dokumentiert, schlägt der Film einen insgesamt düsteren Ton an. Ohne tiefgehend zu spoilern: Tierliebhaber können ohne große Bedenken den Kinobesuch antreten, sollten aber besonders in Bezug auf laute Schockmomente kein allzu dünnes Nervenkostüm besitzen. Selbst als langerfahrenen Genrekenner hat mich „Good Boy“ zweimal buchstäblich im Sessel aufspringen lassen. Hinzu kommt, dass der Newcomer Leonberg sich zwar eindeutig seines verkaufsträchtigen Konzepts „Hund im Spukhaus“ bewusst ist, aber auch ein sehr gutes Gespür für eine unheilvolle und beklemmende Stimmung mitbringt (zusätzlich ist Horror-Veteran Larry Fessenden in einer Mini-Rolle zu sehen). Große Teile des Werkes spielen bei Nacht und flackernder TV-Röhre oder im muffigen Keller. Wenn es denn tagsüber in den Wald geht, warnt ein mysteriöser, vermummter Jäger vor Fallen. Die Gefahr geht also nicht nur vom vermeintlich Übersinnlichen aus.

Um das Publikum noch näher an Indy zu binden, filmt DP Wade Grebnoel vermehrt von dessen Blickwinkel. Gesichter von Personen wie Todd oder Vera sehen wir kaum oder nur kurz. Wer auf der Suche nach konventionell erzählter Kost à la „The Conjuring“ ist, könnte hier Gewöhnungsprobleme haben. „Good Boy“ ist ganz sicher kein prätentiöser Brei wie etwa Kyle Edward Balls „Skinamarink“, doch versucht sich das Werk schon an das natürliche Verhalten Indys anzupassen: Seltsamen Geräuschen oder Bewegungen geht er sofort auf den Grund, um dann doch verschreckt das Weite zu suchen. Die parallelen Erlebnisse Todds werden nicht extra für das Publikum aufbereitet – wir erfahren wirklich nur das, was der Hund zufällig oder gezwungen aufschnappt.

Schon länger werden Hunde für Aufgaben, wie etwa das Aufspüren von Drogen oder sogar Krankheiten, eingesetzt. Dies wird auch in Leonbergs Film thematisiert und Genrefans dürften letztlich nicht besonders von dem Ausgang der Geschichte überrascht werden. Hier liegt dann auch der Knackpunkt, weshalb „Good Boy“ ganz sicher ein kurzweiliges und gerade in Anbetracht des tierischen Helden involvierendes Gruselabenteuer, aber kein wirklich großer Horrorwurf geworden ist: Das Werk stellt die instinktgetriebenen Erfahrungen Indys (und möglicherweise auch dessen Träume) dar, ist auf diese Weise aber auch narrativ limitiert. Ein Tier kann schließlich nicht verbal mit Menschen kommunizieren, um Informationen einzuholen oder den empfundenen Schrecken zu teilen. Es gibt wenig Möglichkeiten, die Story komplexer auszubauen, weshalb im Grunde nur der Spuk ohne persönliche Bindung oder mit persönlicher Bindung am Ende stehen kann. „Good Boy“ schließt auf einer emotionalen Note – und das ist die richtige Entscheidung.


Wer Wauwaus und gepflegte Schocks liebt, sollte für Halloween den Kinobesuch vormerken. Nur den nun schon öfters geforderten Hunde-Oscar stelle ich in Frage – da wäre eine Portion Leckerlies sicher die passendere Wahl.


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