
Ein abgefahrener, ultrabrutaler Horrorfilm aus der Türkei, der bereits auf internationalen Filmfestivals für Aufsehen gesorgt hat. Das lässt mich als Genrefan definitiv aufhorchen. Das Ergebnis ist gemischt, aber dennoch beachtenswert, wenn auch vor allem, weil Erstlingsregisseur Can Evrenol (der im Anschluss ein sehr sympathisches und aufschlussreiches Q&A abgehalten hat) sich als ein Filmemacher mit einem hervorragenden Gespür für Atmosphäre und Bilder empfiehlt, wenn auch nicht für dichtes Storytelling. Es sind unbestreitbar die albtraumhaften Bilder, inspiriert durch Dario Argento, Lucio Fulci, Clive Barker und die neue französische Horrorwelle, die vielen Zuschauern noch lange im Gedächtnis haften bleiben werden. Die Krux ist, dass, wie leider bei vielen Horrorfilmen, die Protagonisten hier einem herzlich egal bleiben und in den frühen Charaktermomenten des Films bestenfalls blass, schlimmstenfalls unsympathisch herüberkommen. Auch für den zum Protagonisten aufgebauten Frischling Arda (Gorkem Kasal), der auch noch ein Familientrauma mit sich herumschleppt, lässt sich nicht sonderlich viel Interesse aufbringen. Das Problem von Baskin ist, dass der Film sich in seinen Ambitionen gelegentlich ein wenig übernimmt. Besinnt er sich auf seine Stärken, wie die blutdurchtränkte, albtraumhafte Höllenvision des Kults, in dessen Klauen die Protagonisten geraten, ist er ein starkes Stück Horrorkino, vor dem so mancher Gore-Fan den Hut ziehen wird. Doch schweift er in esoterischere Gefilde ab oder versucht, einen interessanten Entwicklungsbogen seinem Hauptcharakter zu verleihen, scheitert er kläglich.
Was am Ende bleibt, ist ein Film, dessen visuelle Kraft und nahezu erdrückend unangenehme Atmosphäre gegenüber den Handlungs- und Charakterschwächen zum Glück leicht überwiegen, dennoch nicht ganz den Vorbildern gerecht werden, denen Evrenol hier huldigt. Dass er als Regisseur Talent zu mehr hat, liegt allerdings auf der Hand und ist auf jeden Fall ein Filmemacher, den man im Auge behalten sollte. 3/5

Ein großer Pluspunkt ist dabei auch, dass trotz ähnlicher Atmosphäre und Erzählweise hier auch unterschiedliche Genres bedient werden. Gemeinsam bleibt, dass die stets präsente Bedrohung vom Highway selbst auszugehen scheint, der fast schon zu einem eigenen Charakter wird – symbolisch "verkörpert" durch die Stimme des nächtlichen DJs (Genrestar Larry Fessenden). Wir beginnen mit zwei blutverschmierten Männern, die an einem Rastplatz halt machen und offenbar vor etwas auf der Flucht sind. Dieses "etwas" offenbart sich auch recht schnell in Form von wirklich unheimlichen schwebenden, geflügelten Skeletten, was zu einer Todesszene mit sehr eindrucksvollen praktischen Gore-Effekten führt. Obwohl diese Episode sehr kurz geraten ist, etabliert sie sehr schnell eine unter die Haut gehende Stimmung und zieht die Spannungsschraube gehörig an. In der zweiten Geschichte hat eine dreiköpfige Girlband eine Autopanne mitten im Nirgendwo und lässt sich, trotz Widerstände von einem der Mädels, von einem spießigen Ehepaar mitnehmen. Das führt natürlich zu nichts Gutem. Dieses Segment lebt vor alle vom natürlichen Schauspiel der drei Hauptdarstellerinnen und einer grandiosen Dinnerszene mit den Gastgebern und deren Bekannten. Nur gegen Ende verflacht die Episode ein wenig. Im Anschluss folgt dann David Bruckners "The Accident", das Highlight des Films, in dem ein Autofahrer eine Frau überfährt und dann, unterstützt von einer Medizinerin am anderen Ende der Notrufnummer, versucht, das übel zugerichtete Unfallopfer auf eigene Faust zu retten. Diese Episode vereint pechschwarzen Humor, unerwartete Wendungen, einige Momente, bei denen sogar hartgesottene Horrorfans zusammenzucken sollten, und spielt sehr gekonnt mit Erwartungen der Zuschauer. Dass das Segment so gut funktioniert ist auch der extrem hingebungsvollen Performance seitens Mather Zickel als unglückseliger Fahrer Lucas zu verdanken.
Die vierte Episode kann im Vergleich nur verlieren, zeigt aber auch einige sehr interessante Ansätze, wenn ein bewaffneter Mann auf der Suche nach seiner Schwester in einem Wüstenkaff fündig wird – allerdings erwartet ihn nicht ganz das, was er gesucht hat. Das Problem von Patrick Horvaths sehr "Twilight Zone"-artiger Episode ist vor allem, dass sie von so vielen Ideen strotzt, dass sie sie zwar alle anschneidet, aber keine wirklich zu Ende bringt. Deshalb wirkt es zugleich faszinierend und halbgar und gerade dieses Segment verdient vermutlich einen eigenen Spielfilm. Den Abschluss findet Southbound mit einer neuen Variation des altbekannten Home-Invasion-Szenarios, bei dem eine dreiköpfige Familie von drei Fremden in unheimlichen Masken terrorisiert wird. Doch auch hier ist nichts so wie es scheint. Diese Episode bildet einen sehr gelungenen Abschluss des Films, mehr sollte an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden. Allen Fans von Horror-Anthologien und Genrefans im Generellen sei Southbound auf jeden Fall ans Herz gelegt. Nicht alles funktioniert hier einwandfrei, doch in einem Subgenre mit so vielen halbherzigen Vertretern ragt Southbound als ein rundherum solider und gelegentlich großartiger Beitrag heraus. 4/5
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Am zweiten Tag der Fantasy Filmfest White Nights wird es mit einem jüdischen Dämon, Kannibalen, Zombies (mehr oder weniger) und gefährlichen Schulmädchen weitergehen. Bleibt dran!








