Fantasy Filmfest 2012 Tagebuch – Tag 1

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Liebe FilmFutter Leser,

ab heute startet eine neue Artikelreihe bei FilmFutter zum diesjährigen Fantasy Filmfest 2012. Seit 2004 bin ich Stammgast beim Fantasy Filmfest in Köln. Für diejenigen unter Euch, denen die Verantstaltung nicht bekannt ist – das Fantasy Filmfest ist das größte Genre-Filmfestival Deutschlands. Begründet wurde es 1987 in Hamburg und findet seitdem jährlich statt. In den Monaten August und September zieht das Fantasy Filmfest zeitversetzt durch ganz Deutschland. Berlin, München, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Köln und Nürnberg sind die diesjährigen Austragungsorte. Dabei werden größtenteils Filme aus den Genres Horror, Thriller, Science-Fiction und Fantasy gezeigt, aber es finden sich auch allerhand andere Filmgenres auf dem FFF wieder, darunter schwarze Komödien, Actionfilme, Dramen und sogar Liebesgeschichten.

Als ich in meinem ersten Jahr beim FFF eine der ersten europäischen Aufführungen des ersten Saw-Films (damals war noch nicht klar, zu welchem Phänomen die Reihe werden würde) gesehen habe, war ich prompt begeistert und habe seitdem kein einziges Jahr ausgelassen. Habe ich 2004 noch drei Filme gesehen, so sind es mittlerweile jedes Jahr mehr als 20. Perlen wie So finster die Nacht, The Descent, Adams Äpfel und Shutter habe ich im Rahmen des FFF zum ersten Mal gesehen.

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Auch dieses Jahr stehen wieder zahlreiche Filme aller Genres auf dem Programm und ich möchte Euch mit meinem FFF2012-Tagebuch darüber auf dem Laufenden halten. Zu einigen, besonders interessanten Filmen werden später noch vollwertige Rezensionen dazukommen, aber hier gibt es schon einen groben Überblick.

 

TAG 1

 Sightseers

Die im sozialen Umgang eher eingeschränkte Tina begibt sich trotz Proteste ihrer erdrückenden Mutter auf eine Wohnmobilreise durch England mit ihrem neuen Freund Chris. Schnell muss sie feststellen, dass ihr Angebeteter einige Aggressionprobleme mit sich bringt und jeden, der ihm auf den Senkel geht, kurzerhand ins Jenseits befördert. Anfänglich noch zögerlich, macht Tina munter mit und schockiert irgendwann sogar Chris selbst.

Die Bürde der Eröffnungsfilm beim Fantasy Filmfest zu sein ist nicht leicht. Die Erwartungen sind besonders hoch und viele der Opener der letzten Jahre (Don’t Be Afraid of the Dark, Die Meute, Careers) konnten nicht auf ganzer Linie überzeugen. Zum Glück gelingt Ben Wheatley, der beim FFF schon letztes Jahr mit dem deutlich ernsthafteren Kill List vertreten war, mit Sightseers eine herrlich asoziale, pechschwarze und bis zum Ende sehr konsequente Komödie. Der bitterböse Humor ist nicht Jedermanns Geschmack, aber die beiden Hauptdarsteller spielen hervorragend und machen ihre unsympathischen Protagonisten interessant. Abgerundet mit einem wunderbar passenden Soundtrack ("Power of Love", "Tainted Love") und einer Rundreise durch Englands triste und zugleich schöne Ecken (Bleistift-Museum!) ist Sightseers der wohl beste Eröffnungsfilm, den ich beim FFF je gesehen habe. 4/5

 

V/H/S

Wenn sich Genre-Regisseure wie Ti West, Adam Wingard, David Bruckner, Joe Swanberg und Glenn McQuaid zusammentun, um eine Horror-Anthologie zu erschaffen und diese zugleich in ihrem Format als eine Hommage an das vergangene VHS-Format zu gestalten, kann man zu Recht die Erwartungen hoch setzen. Diese werden nicht gänzlich erfüllt, aber der Genre-Fan wird dennoch gut bedient. Man sollte allerdings nicht gänzlich Found Footage-Wackelkamera-Format-avers sein, denn V/H/S ist auch die erste Found-Footage Horror-Anthologie.

Es gibt eine Rahmenhandlung (inszeniert von Adam Wingard, der letztes Jahr die FFF-Gurke A Horrible Way to Die lieferte), in der eine Gruppe Kleinkrimineller aus einem verlassenen Haus ein VHS-Tape stehlen soll. In diese Rahmenhandlung sind fünf Episoden eingebunden, die in ihrer Qualiät variieren. Leider ist es ausgerechnet Ti West (ansonsten einer der vielversprechendsten modernen Genre-Filmemacher, der auf dem FFF bereits mit Cabin Fever II, House of the Devil und The Innkeepers vertreten war), der mit Second Honeymoon die schwächste und entbehrlichste Episode (neben der relativ uninteressanten Rahmenhandlung) liefert. An das VHS-Format hält man sich übrigens bei den meisten Episoden auch nicht (außer Webcam-Chats existieren mittlerweile auch in dem Format), aber das tut der Unterhaltung keinen Abbruch. Die letzten beiden Episoden sind die besten und lassen viel  Spannung und Grusel aufkommen, wobei gerade das episodenhafte Format bei diesen an Geschichten aus der Gruft und Creepshow erinnernden Episoden sehr gut passt. Insgesamt ist V/H/S ein interessantes, stellenweise sehr einfallsreiches Experiment, welches eindeutig zu lang geraten ist. Besserer Schnitt und ein etwas besseres Drehbuch hätten V/H/S zu einem Anthologie-Klassiker gemacht. 3,5/5