Gnade, D/N 2012 • 132 Min • Regie: Matthias Glasner • Drehbuch: Kim Fupz Aakeson • Mit: Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr, Henry Stange, Ane Dahl Torp, Maria Bock, Stig Henrik Hoff • Kamera: Jakub Bejnarowicz • Musik: Homesweethome • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Alamode Film • Kinostart: 18.10.2012
Der Mann betrügt seine Frau mit einer anderen. Die Ehefrau überfährt auf finsterer Straße etwas und schaut nicht einmal zurück. Und der Sohn spuckt schwächeren Mitschülern in den Rucksack. In seinem neuen Spielfilm „Gnade“ zeichnet Matthias Glasner ein Menschenbild, das in etwa so kalt anmutet wie der Eisberg, der da vor Hammerfest im Wasser liegt. Niels (Jürgen Vogel), Maria (Birgit Minichmayr) und den jungen Markus (Henry Stange) zieht es in die norwegische Stadt, da Niels dort eine Anstellung als Ingenieur bekommen hat. Die Polarnacht und die Isolation setzen der Kleinfamilie zu und in der Dunkelheit ereignet sich schließlich das Unglück, das nicht etwa den Todesstoß für die marode Ehe bedeutet, sondern womöglich einen Neuanfang. Unter dem Deckmantel eines schrecklichen Geheimnisses – dem Geheimnis, ein Mädchen sterbend am Straßenrand zurückgelassen zu haben …

Tatsächlich fällt es schwer, sich in die Geschichte von Matthias Glasners neuer Arbeit wirklich hineinzuversetzen. Sie stößt einen ab. Die Figuren tragen offen negative Eigenschaften wie Feindseligkeit, Misstrauen, Feigheit oder Ignoranz mit sich herum. Um die positiven Merkmale ist es da deutlich schlechter bestellt. Jürgen Vogel tritt nach „Der freie Wille“ (2006) erneut für den Regisseur vor die Kamera und verkörpert hier einen Mann, in dessen Inneren spürbar Aggressivität lauert. Auch wenn Niels diese nicht in brutalen Eruptionen entlädt, sondern immer wieder Teile davon in seinen stechenden Blicken und Kommentaren absondert. Ein unzufriedener Mensch unter unzufriedenen Menschen, die sich gegenseitig nicht verstehen – gefangen in einer unzufriedenen Welt. Das Drama seiner Familie wird von Sohnemann Markus heimlich mit der Kamera aufgezeichnet und in der Nachbearbeitung zum Horrorszenario übersteigert. Vielleicht sieht der Junge mehr als seine Eltern. Und vielleicht sieht auch Glasner mehr Schrecken als Gutes im Menschen.

Clip
https://youtu.be/CY7CBMphggI

