Evil Dead (2013)

-

Evil Dead, USA 2013 • 91 Min • Regie: Fede Alvarez • Mit: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Jessica Lucas, Elizabeth Blackmore • FSK: ab 18 Jahren • Kinostart: 16.05.2013Deutsche Website

Handlung

Mia (Jane Levy) ist eine drogenabhängige Mittzwanzigerin, die gerade noch einem Tod durch Überdosis entkam. Eine weitere würde sie womöglich nicht überleben. Ihre zwei besten Freunde (Lou Taylor Pucci und Jessica Lucas) sowie ihr entfremdeter Bruder David (Shiloh Fernandez) und seine Freundin Natalie (Elizabeth Blackmore) bringen Mia für einen kalten Entzug in die entlegene Familienhütte tief in den Wäldern. Durch Zufall finden sie im düsteren Keller der Hütte ein seltsames Buch, voll mit verstörenden Zeichen und blutigem Gekritzel. Daraufhin macht einer der Protagonisten wohl das einzig Logische – trotz diverser ins Buch geschriebener Warnungen liest er eine unheimliche Beschwörung daraus vor und erweckt unwissentlich eine dunkle Macht in den Wäldern. Als erste bekommt Mia die Konsequenzen zu spüren, doch ihre Warnungen bleiben ungehört und werden von den anderen als wahnhafte Symptome ihres Entzugs gesehen. Wenn die schreckliche Realität allen bewusst wird, ist es bereits zu spät. Einer nach dem anderen fallen die jungen Leute dem Bösen zum Opfer und es scheint kein Entrinnen aus dieser Hölle zu geben. Blut wird fließen…

Kritik

Kaum etwas kann den abgebrühtesten Horrorfans heutzutage einen solchen Schrecken einjagen wie ein einzelnes Wort – „Remake“. Es erfüllt einen Fan mit Sorge und inhärentem Pessimismus, wenn ihre geliebten Horrorfilme, häufig außerhalb des Studiosystems entstanden und nicht den Mainstream-Gedanken unterworfen, auf Hochglanz poliert und verwässert werden sollen, um möglichst viele kreischende Teenies in die Kinos zu locken, die dann die Neuverfilmung auf Twitter zum gruseligsten Film aller Zeiten (meist mit vielen Smileys und/oder Ausrufezeichen) erklären. Der Horrorfan seufzt, schüttelt den Kopf und wirft die Disc vom Original zum x-ten Mal in seinen Player rein. Das Schlimme daran ist, dass der Fan eine beinahe masochistische Beziehung zum Remake im Vorfeld entwickelt – zwar verurteilt man den Film häufig im Kopf, ohne ihn gesehen zu haben (zu viele Computereffekte! zu viel Hollywood! zu wenig Kreativität!) und dennoch sitzt man, in Erwartung des Schlimmsten, in der Startwoche im Kino, nur um häufig die Vorurteile auf schmerzliche Art und Weise bestätigt zu bekommen. Die Neugier siegt, man kann sich als Horrorfan dem Genre auch in schlechten Momenten nicht entziehen.

ANZEIGE

Evil Dead Kritik 5Beinahe jeder bekannte (und weniger bekannte) Horrorfilm der Siebziger und Achtziger erfuhr in den letzten Jahren eine Neuinterpretation. Diese rangierten von sehr gut (The Hills Have Eyes, Fright Night) über schlecht (Nightmare on Elm Street, The Fog) bis hin zu unerträglich (Black Christmas, Unbekannter Anrufer, Halloween II). Nur einige wenige Horrorfilme aus dem Pantheon der Legendären blieben lange „unberührt“. Es ist kaum ein Zufall, dass die beiden bekanntesten darunter diejenigen sind, die ihrerzeit vor allem durch Gewaltdarstellungen auf sich aufmerksam machten – Hellraiser und Evil Dead (hierzulande besser bekannt als Tanz der Teufel). Während das Hellraiser-Remake seit Jahren schon im Entwicklungsstadium vor sich hin dümpelt, hat Sam Raimi, der Regisseur der Original-Trilogie von Evil Dead, beim Remake den Ball ins Rollen gebracht. Zugegeben, meine erste Reaktion war alles andere als gut, sondern lag irgendwo zwischen Naserümpfen und Furcht. Nicht unbegründet – lag mir an den Freitag der 13.– und Halloween-Reihen nie sonderlich viel, so bin ich aber ein Riesenfan von Nightmare on Elm Street und Evil Dead. Diese Filme (und einige ihrer Fortsetzungen) haben meine Liebe zum Genre bereits im zarten Alter geweckt und nachhaltig geprägt. Urteil zum Nightmare-Remake – niederschmetternd. Wie soll man etwas verbessern, was bereits ein nahezu perfekter Horrorfilm ist?

Evil Dead Kritik 2Die Antwort lautet: gar nicht. Doch man kann einen soliden Horrorfilm abliefern, der für sich selbst stehen kann und mit dem Original koexistieren kann. Einen Film, der sich nicht zu sehr darum schert, jede einzelne legendäre Szene aus dem Original zu kopieren, nur um im direkten Vergleich noch schlechter dazustehen. Natürlich macht sich auch Evil Dead in dieser Hinsicht zuweilen schuldig, vermeidet es jedoch häufiger als man denken würde und würzt den Film stattdessen mit vielen kleinen aber liebevollen Verweisen auf das Original, ohne dabei gezwungen oder aufdringlich zu wirken. Dass man hier manchmal doch dem Druck der Fans nachgab, zeigt sich insbesondere bei der „Baumvergewaltigung“, die nur insofern weniger schockierend ist als im Original, als dass man sie dieses Mal erwartet. Eben an dieser Szene merkt man, dass ein Remake manchmal nur verlieren kann. Hätte man die Szene ausgelassen, hätte es an Vorwürfen der „Verwässerung“ des Films gehagelt, hat man die Szene nun drin, wird sicherlich der eine oder andere Fan laut mit den Kommentaren, man hätte sich nichts Neues einfallen lassen und die Szene sei im Original sowieso viel wirkungsvoller gewesen. Abgesehen von dieser Szene, ließen sich der Erstlingsregisseur Fede Alvarez und sein Team gänzlich neue Gräuel einfallen. Es galt das Motto – „nicht kopieren, sondern dem Geist treu bleiben“.

Evil Dead Kritik 1Natürlich ist es schwer dem Geist eines $90,000-Undergroundfilms treu zu bleiben, wenn man $17 Mio zum Spielen hat, doch richtiger hätte man das Geld nicht einsetzen können. Weise entschied sich Alvarez gegen den Einsatz von Computereffekten und für altbewährte praktische Effekte, die hier natürlich auf extrem hohem Niveau präsentiert werden. Dieses Versprechen war nicht ein Marketing-Gag; mit der Ausnahme der einen oder anderen Feuersequenz  sieht man kaum Pixelarbeit auf der Leinwand. Die Gore-Fans werden nicht enttäuscht sein – was Alvarez und sein Effekte-Team hier servieren ist kein Folterporno-Fast Food, sondern ein fieses mehrgängiges Gewaltmenü. Hier wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt – oder viel eher gesägt, gebissen, geschnitten, geschossen, geschält, gestochen, gebrochen und, ähm, genagelt. Es ist als ob die Macher diejenigen Nörgler ein für alle Mal verstummen lassen wollten, die stets behaupten, dass Remakes die Brutalität der Original immer verwässern und nie deren viszerale Wirkung erreichen. Denn genau das gelingt Evil Dead und ist zweifelsohne seine größte Stärke. Der Film hält sich in keinster Weise zurück, die Kamera hält stets drauf. So beeindruckend Raimis Maissirup-Effekte von 1981 waren, so zahm erscheinen sie doch bei diesem Upgrade. Jedes Mal, wenn man denkt, der Film könne sich diesbezüglich nicht mehr steigern, wird man eines Besseren belehrt. Dass der er bei der FSK ohne Schnitte durchkam ist ebenso erfreulich wie (angesichts früherer Entscheidungen) schlicht absurd.

Evil Dead Kritik 6Sollte sich jetzt jemand fragen, wieso ich in aller Ausführlichkeit auf die ungezügelte Gewalt des Films eingehe und wenig darüber verrate, wie der Film an sich ist, so wäre diese Frage durchaus berechtigt und würde zugleich auch den Schwachpunkt des Films ansprechen. Der neue Evil Dead definiert sich über die Gewalt und ihre Schockwirkung. Erwartet man von einem Horrorfilm hauptsächlich, dass er schockiert, so wird Evil Dead dem gerecht. Selbst abgestumpfte Horror-Vielseher werden bei der einen oder anderen Szene zusammenzucken (oder je nach Veranlagung auch breit grinsen). Womöglich entschied man sich auch einfach für die Richtung, weil man wusste, dass es eine nahezu unmögliche Aufgabe sein würde, das Original in anderen Hinsichten zu toppen. Fede Alvarez ist ein vielversprechendes Horrortalent, doch er ist nicht Sam Raimi oder Peter Jackson. Horrorroutine kann er gut, hat ein richtiges Gespür für Schockmomente und für Atmosphäre, doch in puncto Innovation und Einfallsreichtum muss er sich noch beweisen. Da die Schockwirkung für mich jedoch nur zum Teil einen erfolgreichen Horrorfilm ausmacht, habe ich bei Evil Dead etwas vermisst. Manche werden sich beschweren, dass der Film  zu humorlos vergleichen zum Original daherkommt. Diejenigen vergessen, dass es sich beim ersten Tanz der Teufel alias Evil Dead noch um einen aufrichtig gruseligen Horrorfilm handelte, der zwar einige aberwitzige Momente aufwies, niemals aber die Richtung des schwarzen Humors (wie Teil 2) oder Slapsticks (wie Teil 3) einschlug. Jeder der drei Filme war auf die eigene Art und Weise toll, doch Humor war nicht die Stärke des ersten Films. Was er jedoch besaß und was dem neuen Film fehlt ist Horror, der jenseits der Gewaltdarstellungen geht. Die Spannung, die Verzweiflung und die Isolation, die Bruce Campbells Ash gegen Ende des ersten Films verspürt und die sich auf den Zuschauer überträgt, kommen bei der Neuauflage nie auf. Evil Dead schockiert und ekelt, gruselt aber nicht und das obwohl er durchaus Potenzial dazu hätte. Die Zutaten sind alle da, doch sie werden nicht immer richtig gemischt. Einige wenige Momente sind wirklich unheimlich, doch gerade diese beinhalten Ideen, die aus dem Original übernommen wurden und somit Sam Raimis Einfallsreichtum zu verdanken sind (z.B. die schnellen Kamerafahrten durch den Wald, begleitet von ominöser Musik).

Die Neuerungen funktionieren hingegen nicht immer so gut, wie man es sich erhofft hat. So erhält das Böse im Remake ein Gesicht und eine körperliche Gestalt, was einfach nicht so unheimlich ist als die Vorstellung, dass die Wälder an sich etwas Böses darstellen. Es lässt die erweckten bösen Mächte auf einmal nicht so allmächtig oder bedrohlich aussehen. Andererseits ermöglicht diese Personifizierung des Bösen auch einen deutlich rasanteren Showdown als im ersten Film, der dann doch die eine oder andere brutale Überraschung für unsere Heldin und den Zuschauer bereit hält – womit wir wieder bei der Gewalt wären.

Evil Dead Kritik 3Es wäre hilfreicher, wenn man sich leichter mit den Hauptcharakteren identifizieren könnte und somit die Verstümmelungen und die Gewaltakte, die ihnen widerfahren für den Zuschauer empfindlicher treffen würden. Gerade hier bietet das Original mit seinem doch eher hölzernen Schauspiel (mit der Ausnahme von Cambpells Ash) und schwachen Dialogen deutliches Verbesserungspotenzial. Doch dieses wird nicht ausgenutzt. Jane Levy holt als einzige etwas aus ihrem Charakter heraus und macht sich gut als eine Scream-Queen, die noch mehr erleiden muss als die meisten ihrer Genre-Mitstreiterinnen. Alle anderen Charaktere sind austauschbar und werden nicht einmal auf das Niveau von eindimensionalen Horrorfilm-Karikaturen gebracht (die uns der durch Evil Dead inspirerte The Cabin in the Woods letztes Jahr so schön erklärte). Somit ekelt es den Zuschauer zwar an, wenn ein Charakter sich selbst die Haut vom Gesicht schält, er fühlt aber kaum mit der Person mit.

Schließlich ist der entscheidende Punkt, mit welchen Erwartungen man in diesen Film hineingeht. Erwartet man einen Horrorfilm, so bahnbrechend wie das Original, wird man wohl enttäuscht sein. Freut man sich einfach auf ein ungehemmt brutales Horrorvergnügen, zieht nicht stets Vergleiche und lässt sich auf den wilde Ritt ein, so wird die Zeit im Kino wie im Flug vergehen. Verlasst den Saal nicht direkt beim Abspann, die Geduldigen erwartet noch ein kleines Osterei.

Fazit

Evil Dead lässt Raum für Verbesserung, zollt jedoch seinem Vorbild genügend Respekt, während er zugleich seinen eigenen Weg einschlägt. Was hier an Spannung, Frische und Low-Budget-Charme fehlt, wird durch schmerzlich intensive, unter die Haut gehende Gewaltdarstellungen und eine starke Heldin ausgeglichen.

Trailer

Letzte Kritiken

11 Kommentare

Evil Dead, USA 2013 • 91 Min • Regie: Fede Alvarez • Mit: Jane Levy, Shiloh Fernandez, Lou Taylor Pucci, Jessica Lucas, Elizabeth Blackmore • FSK: ab 18 Jahren • Kinostart: 16.05.2013 • Deutsche Website Handlung Mia (Jane Levy) ist eine drogenabhängige Mittzwanzigerin, die gerade noch...Evil Dead (2013)