Nach kritischer Folge: "South Park" aus chinesischem Internet gelöscht

© 2019 Comedy Central

Quelle: The Hollywood Reporter

Kürzlich hat Comedy Central "South Park" um drei weitere Jahre bis einschließlich Staffel 26 verlängert. Und das ist auch gut so! Im Gegensatz zu der anderen unsterblichen Zeichentrick-Comedy, "Die Simpsons", schafft es "South Park", mit ihrer treffsicheren, frechen, kein Blatt vor den Mund nehmenden Sozialkritik immer am Ball zu bleiben und stets ins Schwarze zu treffen, bis es weh tut. Zu verdanken haben es die beiden Macher Trey Parker und Matt Stone der absoluten künstlerischen Freiheit, die sie beim Sender genießen. Kein Thema ist ihnen zu heikel und niemand ist vor ihren pointierten Angriffen sicher. Da kommt es natürlich auch immer wieder vor, dass einige ihrer Folgen in bestimmten Kreisen für empörte Reaktionen sorgen.

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Doch diesmal hat die Serie sich selbst übertroffen. Mit ihrer 299. Folge "Band in China" hat sie den Zorn chinesischer Zensoren auf sich gezogen, die die Serie prompt aus dem gesamten chinesischen Internet ausradierten. Es klingt absurd, ist aber wahr. Komplette Folgen, jeder Ausschnitt, Bilder und sogar Diskussionen und Erwähnungen der Serie wurden von Streaming-Plattformen, sozialen Medien und sogar Fanseiten restlos entfernt. Auf der Twitter-ähnlichen Plattform Weibo findet sich aktuell keine einzige Erwähnung von "South Park" unter den Milliarden von Beiträgen. Auf dem Streaming-Dienst Youku sind alle Links zu Clips, Folgen und gesamten Staffeln tot.

Auf Tieba, der größten chinesischen Online-Diskussionsplattform, die der Suchmaschine Baidu gehört, ist jeder einzelne Thread über "South Park" nicht mehr aufrufbar. So wie zu Stalins Zeiten Regierungskritiker zu Unpersonen erklärt und aus der Geschichte ausradiert wurden, so haben jetzt staatliche chinesische Zensoren mit "South Park" verfahren. Als hätte die Serie im Land nie existiert.

Doch weshalb der ganze Aufruhr? Nun, die Folge richtete ihre Kritik genauso sehr gegen Hollywood wie gegen China selbst. Ein Handlungsstrang kritisierte die in Hollywood inzwischen übliche Selbstzensur, um China zu beschwichtigen. Darin bilden Stan, Jimmy, Kenny und Butters eine erfolgreiche Metalband. Ein Manager wird auf sie aufmerksam und möchte einen Film mit ihnen drehen. Allerdings ändert sich das Drehbuch ständig, damit der Film in China in die Kinos kommen kann. An einer Stelle sagt Stan sogar direkt: "Jetzt weiß ich, wie sich Hollywood-Autoren fühlen." In dieser Szene wird er von einem chinesischen Wachmann überwacht, der sein Skript ändert, während er es schreibt. Auch Disney kommt nicht davon, denn Mickey Mouse tritt in einer Szene auf, um sicherzustellen, dass alle seine Angestellten (darunter Marvel- und Disney-Charaktere) sich nach chinesischen Vorgaben richten.

Das ist vielleicht nicht die subtilste Kritik in der Geschichte von "South Park", aber sie ist sehr zutreffend. Erst kürzlich ist den Fans auf dem Plakat zu Top Gun: Maverick aufgefallen, dass zwei Aufnäher auf Mavericks Jacke verglichen zum Originalfilm abgeändert wurden. Ursprünglich stellten sie die Flaggen Taiwans und Japans dar, diese wurde jedoch entfernt und durch andere Symbole ersetzt, da der Film von einem chinesischen Unternehmen mitfinanziert wird. Das ist eins von sehr, sehr vielen Beispielen in den letzten Jahren, bei denen Hollywood vor China klein beigab. Nicht ohne Grund, denn der chinesische Filmmarkt ist nach dem nordamerikanischen zum zweitwichtigsten der Welt geworden und macht immer wieder den Unterschied zwischen Kassenflop und -hit aus. Verweigert die chinesische Zensurbehörde die Veröffentlichung eines Films in dem Land, ist es ein schwerer Schlag für das Studio. Allein bei Avengers: Endgame stammen von den weltweiten $2,8 Mrd Einspiel dieses Jahr mehr als $600 Mio aus China.

Das war jedoch noch nicht alles. In einem zweiten Handlungsstrang versucht Stans Vater Randy, in China Gras zu verkaufen. Er wird erwischt und in ein Arbeitslager geschickt, wo er auf dort ebenfalls eingesperrten Winnie Puuh trifft. Dieser Gag ist von besonderer Bedeutung, denn auch Disneys knuddeliger Bär ist in China zensiert, seit Internet-Memes den chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit dem Honig-liebenden Bären verglichen haben. Er fand das ganz und gar nicht amüsant und seitdem ist Winnie Puuh persona non grata in China.

Wenn das Zielobjekt einer öffentlichen Kritik als Reaktion auf diese genau das tut, wofür sie kritisiert wird, hat man in aller Regel ins Schwarze getroffen. Daher, Hut ab an Parker und Stone. Die beiden haben eine bissige "Entschuldigung" an China als Reaktion über Twitter veröffentlicht. Diese liest sich wie folgt: (aus dem Englischen)

Wie die NBA, heißen wir chinesische Zensoren in unseren Häusern und Herzen willkommen. Auch wir lieben Geld mehr als Freiheit und Demokratie. Yi sieht wirklich überhaupt nicht wie Winnie Puuh aus. Schaltet bei unserer 300. Episode am Mittwoch um 10 ein! Lang lebe die Große Kommunistische Partei Chinas! Möge die Hirse-Ernte diesen Herbst ertragreich sein! Ist alles gut zwischen uns, China?

Die NBA-Bemerkung kam natürlich nicht von ungefähr. Vor einigen Tagen hat Daryl Morey, der Manager der Houston Rockets, über Twitter seine Solidarität mit den Demonstranten in Honkong bekundet. Die Reaktion Chinas ließ nicht lange auf sich warten. Chinesische Sender haben angekündigt, die Spiele der Houston Rockets nicht länger auszustrahlen, örtliche Sponsoren zogen ihre Investitionen zurück, und letzten Endes knickten die NBA und die Rockets ein, und distanzierten sich von Morey Tweet. Das alleine zeigt schon, wie treffend die "South Park"-Folge war.

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