Die koreanische Welle hat die gesamte Welt erfasst. Von Parasite über "Squid Game" bis zu K-Pop-Sensationen wie BTS und Blackpink – südkoreanische Popkultur erfreut sich seit einigen Jahren präzedenzloser Beliebtheit in der westlichen Welt. Sogar der Rewe um die Ecke verkauft plötzlich südkoreanische Lebensmittel und Snacks.
Wie groß die Einflüsse südkoreanischer Kultur auf westliches Entertainment sind, zeigt aktuell auch der phänomenale Erfolg des Animationsfilms KPop Demon Hunters, der seit Juni bei Netflix zu sehen ist und in seiner zehnten Woche immer noch bzw. wieder den ersten Platz der weltweiten Filmcharts des Streamers belegt. Wenn Ihr Kinder unter 14 zu Hause habt, habt Ihr von dem Film bestimmt zumindest schon gehört. KPop Demon Hunters handelt von der dreiköpfigen K-Pop-Girlgroup Huntr/x, die insgeheim ein Doppelleben als Dämonenjägerinnen führt. Zu ihrer größten Herausforderung wird eine rivalisierende Boyband, deren Mitglieder Dämonen sind.
Trotz des Titels und der Handlung handelt es sich bei KPop Demon Hunters um eine rein US-amerikanische Produktion aus dem Hause Sony Pictures Animation, die Talente vor und hinter der Kamera sind jedoch südkoreanischer Abstammung, darunter Ken Jeong (Hangover), Lee Byung-hun (Terminator: Genisys) und "Lost"-Stars Daniel Dae Kim und Yunjin Kim als Originalsprecher:innen von Nebenrollen sowie "Teen Wolf"-Darstellerin Arden Cho als Originalstimme der Protagonistin Rumi. Die Idee für den Film stammt von der kanadischen Co-Regisseurin Maggie Kang, die selbst in Seoul geboren wurde.
Ohne den Südkorea-Hype wäre dieser Film vermutlich nie produziert worden und auch dann hatte Sony Sorgen um sein kommerzielles Potenzial, sodass der Film kurzerhand an Netflix verkauft wurde – eine Entscheidung, die die Verantwortlichen vermutlich längst bereut haben. Denn seit seiner Veröffentlichung wächst der Hype um den Film, der insgesamt fünf Wochen auf Platz 1 der wöchentlichen weltweiten Film-Charts von Netflix verbrachte und in seiner zehnten Woche immer noch mehr Aufrufe verbuchte als in der ersten. Zwar hatte er keinen Blockbuster-Start wie andere Netflix-Riesenhits, hielt sich aber sehr stabil und fügte jede Woche zwischen 22 und 27 Millionen neue Aufrufe hinzu. Diese gelten als größter Erfolgsmaßstab bei Netflix und werden errechnet, indem die Gesamtzahl der gestreamten Stunden eines Films bzw. einer Serienstaffel durch ihre jeweilige Laufzeit geteilt werden.
Nach zehn Wochen erreichte KPop Demon Hunters einen neuen Meilenstein und löste mit insgesamt 236 Millionen Aufrufen (Views) die Dwayne Johnson/Ryan Reynolds-Actionkomödie Red Notice nach vier Jahren als meistgestreamten Netflix-Film aller Zeiten ab. Red Notice hielt den Rekord mit 230,9 Millionen Aufrufen in den ersten 91 Tagen nach Veröffentlichung. KPop Demon Hunters hat also sogar noch einige Wochen des Erfassungszeitraums vor sich, um den Vorsprung auszubauen und vielleicht als erste Netflix-Produktion überhaupt, ob Film oder Serie, 300 Millionen Aufrufe zu erreichen.
Doch die wahre Sensation ist, dass Netflix mit KPop Demon Hunters vergangenes Wochenende nicht nur die Streaming-, sondern auch die Kinocharts in den USA dominierte. Der für gewöhnlich kinoscheue Streamer nutzte den Hype um den Film, um ihn letzten Samstag und Sonntag als Singalong-Version in rund 1700 nordamerikanischen Kinos zu zeigen. Obwohl der Film schon seit zwei Monaten für alle bei Netflix frei zugänglich war, nur zwei Tage im Kino verbrachte und die größte US-amerikanische Kinokette AMC, die reine Streaming-produktionen boykottiert, ihn gar nicht zeigte, spielte KPop Demon Hunters am Wochenende geschätzte 19,2 Millionen US-Dollar ein und wurde zum ersten Netflix-Film überhaupt, der den ersten Platz der US-Kinocharts belegte, auch wenn der Streamer selbst offiziell keine Einspielergebnisse veröffentlicht.
Die Verantwortlichen bei Sony, die den Film an Netflix verkauften, beißen sich aktuell vermutlich in den Hintern, denn sie traten damit auch die Auswertungsrechte an allen künftigen Fortsetzungen ab, die unausweichlich folgen werden. Netflix hat gelang wiederum eine der größtem Popkultur-Sensationen des Jahres, die der Streamer noch viele Jahre lang melken wird.











