Je vais bien, ne t’en fais pas, F 2006 • 92 Min • Regie: Philippe Lioret • Drehbuch: Philippe Lioret, Olivier Adam • Mit: Mélanie Laurent, Kad Merad, Isabelle Renauld, Julien Boissellier, Aissa Maiga • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 22.03.2007 • Verleih: Prokino
Ein Satz, drei Worte, tausend Gefühle: „Loïc ist weg.“ Mehr braucht es nicht, um die 19-jährige Lili (Mélanie Laurent) zu erschüttern. Ihr Zwillingsbruder, ihre Bezugsperson – einfach weg? Wohin? Was ist passiert? Lilis Eltern (Kad Merad und Isabelle Renauld) erzählen von einem Streit, lauter und intensiver als sonst. Daraufhin verschwand Loïc. Spurlos. Niemand weiß, wo er sich befindet, ob es ihm gut geht. Lili fragt nach den Ursachen des Streits, will mehr erfahren, den Grund wissen, warum ihr geliebter Bruder einfach fort geht. Ihre Eltern bleiben dabei: ein Streit. Mehr nicht. Nur ein Streit. Lili will das nicht glauben, verweigert das Essen und glaubt an den Tod ihres Bruders. Sie bricht zusammen.

Regisseur Philippe Lioret sorgt sich um seine Lili in Demut und deckt ihre Gefühlswelt in allen Teilen der folgenden Monate ab. Er hält drauf, wenn Lili inmitten einer Bar zu weinen beginnt, weil ihr Bruder nun schon seit sechs Tagen verschwunden ist. Die Zeit vergeht, immer mehr Monate ziehen ins Land und ihr Wohlergehen weicht einem Strudel aus Wut und Kummer. Anfangs kehrt sie noch glücklich aus ihren Ferien zurück, um nur wenige Minuten später das Leben einer normalen 19-jährigen beiseite schieben zu müssen – nun herrschen Depressionen, Magersucht, Trauer.

Zeitweise marschiert der Film im irren Tempo durch die Handlung, ohne die Gefühle der Protagonisten zu vernachlässigen. Das Leid von Lili und ihren Eltern wuchert endlos in ihrem Leben, ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Aussicht auf Hoffnung, ohne Rückkehr von Glück. Immer wenn Lili ein Problem bewältigt, beispielsweise ihren eher langweiligen Job an der Kasse akzeptiert, taucht ein neues Stück im Puzzle auf.
Eine wesentliche Rolle spielt die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Festhalten und wohlfühlen sollte sich Lili bei Mama und Papa, aber ihnen zu glauben fällt schwer und somit auch die Bindung zu ihnen. Erschreckend subtil steuert Regisseur Lioret zuweilen in die fragwürdigen Methoden einer französischen Psychiatrie und die damit einhergehenden Probleme, die den Grund für die Einweisung nur noch intensivieren.

Was bleibt, ist ein erschreckend ruhiger Film, der gerade dann erschrickt, wenn das Tempo zulegt und anfangs verschwunden geglaubte Emotionen nun noch schmerzhafter wirken. Ein einziger Satz könnte die Handlung von Keine Sorge, mir geht’s gut ruinieren; deswegen und der unglaublichen Leistung von Melanie Laurent (international bekannt durch Inglourious Basterds) bleibt der Film bis zum Ende tragisch. Man fragt sich nach der letzten Szene so viele Dinge. Dinge, die nicht beantwortet werden, aber in Anbetracht von Lilis Leidensweg ein wenig beruhigend wirken. Oder nur noch schockierender.
Trailer
https://youtu.be/8QHWFz1xl3k

