Exit Marrekech, FR/DE 2013 • 122 Minuten • Regie: Caroline Link • Mit: Ulrich Tukur, Samuel Schneider, Hafsia Herzi, Marie-Lou Sellem, Josef Bierbichler • FSK: ab 6 Jahren • Kinostart: 24.10.2013 • Deutsche Website
Die Wüste blendet derart, als stünde die Sonne direkt neben einem, der Sand dehnt sich endlos aus, die Leere und zugleich Fülle dieses Ortes ist spürbar, greifbar, sichtbar. Mitten drin: Ben (Samuel Schneider), 17 Jahre alt. Er schlittert die Dünen hinunter und freut sich seines Lebens. Doch an diesem Punkt nimmt die Reise durch Marokko ein jähes Ende, denn Bens Vater funkt dazwischen, beraubt ihn seiner Freiheit – wie immer.

Oscar-Preisträgerin Caroline Link schafft es einfach immer wieder, auch nach ihrem Oscar-gekrönten Werk Nirgendwo in Afrika, die Sehnsucht auf ein Land in der Ferne zu wecken. Sie konzentriert sich in Exit Marrakech immer wieder auf das wunderschöne, doch eigenwillige Szenario in Marokko. Wenn Ben durch die engen Gassen einer Stadt schlendert, Touristen weit, weit weg in Marrakech toben und Prostituierte ihn umgarnen im Dunkel der Nacht, ja, dann, gerade dann entfaltet der Film einen Sog, der breitschultrig zupackt und erst wieder loslässt, wenn der Wunsch nach Marroko gestillt ist – vermutlich endend im heimischen Reisebüro und zwei Flugtickets. Ich jedenfalls war kurz davor.

Doch so wirklich weiß man nicht, wo Regisseurin Link überhaupt hin will. Früh wird klar, dass Ben seinen Platz in seiner zerrütteten Familie sucht, doch auf dem Weg dahin stolpert die Inszenierung oftmals. Charaktere kommen, gehen und verschwinden im Nirgendwo; bei Karima und ihrer merkwürdig rührenden Geschichte gefällt das noch, weil die Liebe in einem fremden Land und einer fremden Kultur von einem Jugendlichen ausgeht, der vermutlich nicht weiß, was Liebe ist. Doch auch Ulrichs Anhängsel aus seinem Theaterstück verkommt zu einer allzu nervigen und leider auch überflüssigen Nebenrolle, die keinen Einklang findet in die sich aufbrausende Beziehung zwischen Vater und Sohn.

Seine herrlich unbeschwerte Entdeckung einer neuen Kultur, ja vielmehr einer neuen Emotion namens Liebe schenkt er noch die nötige Aufmerksamkeit, spielt mit Hingabe. Zu kompliziert und im Folgenden auch zu ungelöst jedoch sind die Motive seiner Rolle. Leider sammelt das Ende Klischee um Klischee, türmt sie auf, sodass selbst die Chinesische Mauer dagegen kleinkariert wirkt. Und dann noch die unendlich oft gezeigte Diabetes-Erkrankrung von Ben! Wer da nicht schon nach zwei Sekunden das Filmfinale fantasiert und am Ende sogar noch Recht behält, schaut vermutlich nur Werbespots.
So sind es am Ende Ulrich Tukur und vor allem Hafsia Herzi mit ihren brillanten Leistungen, die im Einklang der prächtigen Bilder einen kurzweiligen Film zaubern. Aber Ästhetik, nein, das allein reicht nicht.

