Breaking Bad S05E09 "Blood Money" Kritik

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Der Artikel enthält "Breaking Bad"-SPOILER, einschließlich leichter Spoiler zur neusten Folge!

Was Serien betrifft, geht es heutzutage kaum spannender, skrupelloser und konsequenter zu als bei AMCs Hit-Serie "Breaking Bad". Was mit einer zunächst nach schwarzer Komödie anmutender Prämisse angefangen hat (krebskranker Chemielehrer produziert dank seinem Wissen Crystal Meth und vertickt diesen mithilfe seines leicht unbedarften, ehemaligen Schülers), entwickelte sich über die Jahre zu einem der größten Dramen der Fernsehgeschichte und gab den Zuschauern mit Walter White alias Heisenberg einen legendären TV-Charakter, der im gleichen Atemzug mit Tony Soprano, Vic Mackey und J.R. Ewing genannt werden kann. Doch auch das Versprechen des schwarzen Humors hat die Serie eingehalten. Wir haben gelernt, dass Flussäure und eine Badewanne sich nicht vertragen und natürlich diese Szene:

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Es ist aber vor allen Dingen die Hartnäckigkeit, mit der die Autoren der Serie sich weigern, den Erwartungen und Wünschen der Zuschauer zu folgen und gerade dadurch die Fans immer wieder überraschen. Schließlich ist es unglaublich mutig, einen Charakter zu nehmen, der als Sympathieträger beginnt und ihn dann konsequent über fünf Staffeln hinweg zu einem verachtungswürdigen, rücksichtlosen, größenwahnsinnigen Arschloch zu entwickeln. Der Lob gebührt hier sowohl Vince Gilligan, dem Schöpfer der Serie, als auch Bryan Cranston, der mit seiner Darbietung als Walter White, sich selbst ein Denkmal gesetzt hat.

Doch alles hat ein Ende. "Breaking Bad" nähert sich seinem mit dem Beginn der letzten acht Folgen der fünften Staffel (die erste Hälfte wurde letztes Jahr ausgestrahlt). Wie wir uns erinnern, endete die letzte Folge 2012 mit Hanks (Dean Norris) Entdeckung von Walts kriminellem Doppelleben als Heisenberg – ausgerechnet während er auf einer Kloschüssel bei Walt zu Hause sitzt. Die Folge endete mit der Nahaufnahme auf Hanks erstauntes Gesicht.

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Darauf haben die "Breaking Bad"-Fans seit dem Bgeinn der Serie gewartet. Die Karten liegen auf dem Tisch, Walts Schwager, der als DEA-Agent sich die Zähne an dem "Heisenberg"-Fall ausgebissen hat, kam endlich hinter das dunkle Geheimnis. Grausamer könnte ein Cliffhanger kaum sein und ebenso wenig könnten die Erwartungen höher.

Die Folge beginnt mit der Fortsetzung des Flash Forwards, welches die fünfte Staffel letztes Jahr eingeleitet hat. Walter (mit Haaren auf dem Kopf!) fährt in dem Auto, das er zuvor empfangen hat (samt Maschinengewehr im Kofferraum) vor sein altes Haus. Offensichtlich ist die Wahrheit über ihn als Heisenberg längst raus, denn das Haus ist verlassen, die Wände mit der Schrift "HEISENBERG" beschmiert. Walt bricht ein und holt sich aus dem Haus einen vor langer Zeit versteckten Gegenstand, der, wie ich vermute, noch eine große Rolle spielen wird. Auf dem Rückweg sieht Walt seine alte Nachbarin und grüßt sie mit "Hello, Carol", woraufhin sie schockiert ihre Einkaufstüten fallen lässt.

Der Rest der Folge handelt alle noch lebenden Charaktere ab. Jesse ist gebrochen und im höchsten Maße von den Ereignissen des vergangenen Jahres geprägt. Seine Szene mit Walter betont erneut den verkommenen und hinterhältigen Charakter vor Walter White. Niemand kann noch ehrlicher lügen! Jedermanns Lieblingsrechtsverdreher Saul Goodman sitzt zwischen den Fronten und sogar die neurotische Lydia hat einen kurzen Auftritt. Schauspielerisch gehört die Folge jedoch Dean Norris als Hank, der die Erkenntnis um Heisenbergs Identität zunächst kaum verkraften kann.

Eigentlich werden ja hohe Erwartungen häufig zum Verhängnis. "Breaking Bad" bleibt aber gerne die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Nichts an dieser ersten Folge ist enttäuschend, vielmehr erfüllt sie die Erwartungen auf eine Weise, wie sie sich kaum hätte jemand vorstellen können. Wirkliche Überraschungen gibt es nicht viele, die größte werden viele der Fans bereits vorher erraten haben. Es ist jedoch beeindruckend, in welchem Tempo sich die Ereignisse bewegen und wie sehr die Spannungsschraube in den letzten zehn Minuten der Folge angezogen wird. Es gibt auch einige langsame Momente, insbesondere in der ersten Hälfte der Folge und vielleicht wird sich der eine oder andere wundern, dass den Charakteren manche Einsichten und Schlussfolgerungen im späteren Verlauf sehr spontan kommen. Wenn es aber dann so weit ist und die Zuschauer in den Bann der "Breaking Bad"-Charaktere gezogen wurden, werden diese Fragen einfach nicht mehr gestellt, denn die Folge wedelt nicht nur mit dem Knochen vor den Zuschauernasen, sondern wirft einen ganzen Steak hin. So viel sei gesagt: noch nie hat ein sich langsam schließendes Garagentor für so viel Begeisterung und Vorfreude gesorgt.