The-Lost-Boys- und Batman-Forever-Regisseur Joel Schumacher ist tot

Joel Schumacher am Set von "House of Cards" © 2012 Knight Takes King Productions, LLC. All Rights Reserved.

Quelle: Variety

Er drehte einen der essentiellen Filme des Brat Pack und den kultigsten Vampirfilm der Achtziger, brachte John Grishams Gerichtsromane erfolgreich auf die Leinwand, verpasste dem Batsuit Nippel, ließ Gerard Butler singen, und erschuf einen hochspannenden Thriller rund um Colin Farrell in einer Telefonzelle. Am Montag hat Regisseur und Drehbuchautor Joel Schumacher den Kampf gegen seine Krebserkrankung in New York verloren. Er wurde 80 Jahre alt.

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Angefangen hat Schumachers Karriere in Hollywood jedoch nicht als Filmemacher, sondern als Kostümbildner. So war er u. a. für das Kostümdesign von Woody Allens Frühwerken Der Schläfer (OT: Sleeper) und Innenleben (OT: Interiors) verantwortlich. Er stellte jedoch fest, dass seine wahre Leidenschaft das Filmemachen ist. Zu seinen ersten kreativen Einsätzen gehörte das Drehbuch zu Disney Lumets Musical The Wiz – Das zauberhafte Land. Als Regisseur arbeitete Schumacher in den siebziger Jahren zunächst im Fernsehen. Mit Die unglaubliche Geschichte der Mrs. K. (OT: The Incredible Shrinking Woman) feierte er 1981 sein Kinodebüt, auf das die Actionkomödie Die Chaotenclique (OT: D.C. Cab) mit Mr. T folgte. Beide Filme liefen passabel an den Kinokassen. Der große Durchbruch kam für Schumacher 1985 mit dem Coming-Of-Age-Drama St. Elmo’s Fire – Die Leidenschaft brennt tief, in dem mehrere Schauspieler aus dem sogenannten Brat Pack mitgespielt haben. Obwohl St. Elmos Fire keine guten Kritiken erntete, traf er den Nerv seiner Generation und gilt bis heute neben The Breakfast Club als einer der bezeichnenden Filme des Brat Pack.

Mit seinem nächsten Film, dem Vampirstreifen The Lost Boys, konnte Schumacher 1987 an den Erfolg von St. Elmo’s Fire anknüpfen. Der Film mit den beiden Coreys (Haim und Feldman) sowie Kiefer Sutherland als cooler, böser Vampir versprüht enormes Achtziger-Flair. Es ist Schumacher häufig gelungen, in seinen Filmen sehr genau die Zeit einzufangen, in der sie gedreht wurden, und das gilt für kaum einen seiner Filme mehr als für The Lost Boys. Als ich den Film vor einigen Jahren wieder im Kino gesehen habe, war mein Gedanke bereits nach wenigen Minuten, dass es der ultimative Achtziger-Film ist.

Das Vermächtnis von The Lost Boys, einem der besten Vampirfilme der Achtziger, dauert bis heute an. Nach zwei direkt fürs Heimkino gedrehten Sequels wird bei The CW aktuell eine Serienadaption entwickelt.

Nach dem enttäuschenden Romcom-Remake Seitensprünge (OT: Cousins) folgte 1990 Schumachers nächster Hit, Flatliners – Heute ist ein schöner Tag zum Sterben. Darin versuchen Julia Roberts, Kevin Bacon, William Baldwin und Kiefer Sutherland als Medizinstudenten die Grenze ins Jenseits zu überqueren und zurückzukehren – nicht ohne Konsequenzen. Vor drei Jahren wurde Flatliners neu verfilmt, mit deutlich geringerem Erfolg.

Die Neunziger waren die beste Zeit in Schumachers Karriere, sowohl in kommerzieller als auch in künstlerischer Sicht. Sein kontroverses, schwarzhumoriges Drama Falling Down ließ Normalo Michael Douglas durchdrehen und sprach sehr vielen Zuschauern aus der Seele. Es ist aus meiner Sicht einer der besten Filme von Schumachers und Douglas' Karrieren. Seinen bis dahin größten Kassenerfolg landete Schumacher 1994 mit der John-Grisham-Verfilmung Der Klient mit Susan Sarandon. Ein Jahr legte er noch einen drauf und durfte als Nachfolger von Tim Burton den neuen Batman-Film inszenieren. Batman Forever war eine deutlich Abkehr von Burtons Gothic-Stil und eine augenzwinkernde Hommage an die Sechziger-"Batman"-Serie. Mit Superstars Jim Carrey und Tommy Lee Jones als Schurken Riddler und Two-Face besetzt, wurde Batman Forever zu einem überragenden Kassenhit, der Burtons Batmans Rückkehr einspieltechnisch übertroffen hat. Daher wurde Schumacher direkt der nächste Batman-Film anvertraut. Noch konnte man bei Warner nicht ahnen, dass jener das Franchise mit einem Schlag jahrelang auf Eis legen würde.

Davor drehte Schumacher jedoch eine weitere Grisham-Adaption, Die Jury (OT: A Time to Kill), die ebenfalls extrem erfolgreich an den Kinokassen war und mit einem starken Ensemble glänzte. Und dann kam Batman & Robin

Der Streifen ist bis heute der Inbegriff eines Comicfilm-Desasters, symbolisiert durch die Batnippel und Arnold Schwarzeneggers One-Liner als Mr. Freeze. Doch nach mehr als zwei Jahrzehnten blickt man auf Batman & Robin wohlwollender als einer der Filme zurück, die so schlecht sind, dass sie wieder sehr viel Spaß machen. Schumachers Pläne für Batman Unchained wurden jedoch durch die Enttäuschung des Films zerschlagen, und der Reigisseur wandte sich danach vorerst von großen Hollywood-Produktionen ab.

Mit Nicolas Cage inszenierte er den zuweilen unangenehmen Psychothriller 8mm über einen Privatermittler im Snuff-Filmmileau. Der Streifen wurde zum sechsten Nummer-1-Hit von Schumachers Karriere. 2000 brachte er das unterschätzte Kriegsdrama Tigerland mit Colin Farrell in die Kinos. Mit Farrell drehte Schumacher zwei Jahre später den minimalistischen Thriller Nicht auflegen! (OT: Phone Booth), der von vielen als Schumachers Rehabilitation nach Batman & Robin bezeichnet wurde und den ersten Platz der US-Kinocharts eroberte. Im selben Jahr veröffentlichte Schumacher die Big-Budget-Actionkomödie Bad Company mit Anthony Hopkins und Chris Rock, die jedoch zu einem seltenen Box-Office-Flop des Produzenten Jerry Bruckheimer wurde.

Nach Die Journalistin (OT: Veronica Guerin) mit Cate Blanchett als eine ermordete Dubliner Journalistin, inszenierte Schumacher 2004 die Filmversion von Andrew Lloyd Webbers Hit-Musical Das Phantom der Oper (OT: The Phantom of the Opera) mit Emmy Rossum und Gerard Butler. Trotz durchwachsener Rezensionen wurde der Streifen für drei Golden Globes und drei Oscars nominiert. Es war Schumachers letzter wirklich großer Film.

Mit dem Psychothriller Number 23 hat er seinem Batman-Forever-Star Jim Carrey die Gelegenheit gegeben, eine sehr ernste Rolle zu spielen, die er wundervoll gemeistert hat. 2009 erschien Schumachers wenig bekannter Horrorilm Blood Creek mit Dominic Purcell, Henry Cavill und Michael Fassbender den Hauptrollen. Ein Jahr später kam Twelve in die Kinos, ein Jugenddrama mit Emma Roberts. Schumachers letzter Film, der Home-Invasion-Thriller Trespass, brachte ihn 2011 mit seinem 8mm-Darsteller Nicolas Cage wieder zusammen.

Schumachers letzter Einsatz als Regisseur erfolgte 2013 bei zwei Folgen der ersten "House of Cards"-Staffel. Es war seine erste Serien-Regie seit den Neunzigern.

Die filmische Bilanz des Filmemachers, der einst von sich behauptet hat, mit 10.000 bis 20.000 Männern Sex gehabt zu haben (gut für ihn!), war nicht immer makellos, doch stets sehr abwechslungsreich. Mehrere seiner Filme werden gerade durch ihren Zeitkapsel-Charakter noch lange geschätzt werden. Danke für die vielen schönen Stunden!

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