Under the Skin, GB/USA/CH 2013 • 108 Min • Regie: Jonathan Glazer • Mit: Scarlett Johansson, Paul Brannigan, Adam Pearson • FSK: ab 16 Jahren • Heimkino-Start: 10.10.2014 • Verleih: Senator Film •Internationale Webseite
Achtung: Arthouse. Das hier ist sowohl eine Warnung als auch eine Empfehlung zugleich. Für die einen Zuschauer unzugänglich, für die anderen eine Offenbarung. In „Under the Skin“ findet jeder genau das, was er finden möchte. Wie bei einem philosophischen Gedankenexperiment, kann man für sich selbst eine ganze Menge herausziehen und mit anderen diskutieren. Dazu gehören im Vorfeld Bereitwilligkeit, Mut und Euphorie, um sich das passioniert ruhige Werk komplett einzuverleiben. Nach ausreichender Zeit des Bestaunens oder Beklagens im Nachhinein, bieten sich beinah unzählige Ansatzpunkte zur Interpretation. Dabei gilt stets: Kunst soll einfach sein. Die Macht der Lust, soziale Geschlechterrollen, Einsamkeit sowie Isolation, Sexismus, Rassismus, Schönheit oder doch ein anthropologischer Filmabriss über das Menschsein als solches – sucht Euch etwas aus und greift zu.
Der Inhalt ist auf das Wesentliche reduziert, um wahrscheinlich eine ambivalente Deutungsoffenheit zu transportieren. Die Protagonistin heißt Laura (Scarlett Johansson) und ist ein Alien. Als ansehnlicher Mensch verpackt, fährt die gutaussehende Alienmaid mit ihrem weißen Lieferwagen durch Schottland. Auf ihrem Weg spricht und flirtet sie junge männliche Passanten an, die sie verführt und dann an ominösen Orten verschwinden lässt. Dabei schaut ihr aus der Ferne immer wieder ein mysteriöser Motorradfahrer auf die Finger.
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Regisseur Jonathan Glazer kreiert intensive und rätselhafte Bilder. Als Auftakt hat der Zuschauer beispielsweise eine schwarze Leinwand vor sich, während Mica Levis Klanggewitter langsam heranrauscht. Ein winziger weißer Punkt ist zu erkennen, der immer größer wird und sich in ein Geflecht aus anderen Ringen einschmiegt. Dies liest sich jetzt hier zurecht eigenartig, denn lange Zeit weiß man gar nicht, was man dort sieht und man soll es vermutlich auch gar nicht. Wenn Laura die Straßen entlangfährt oder Männer anspricht, wirkt es alles echt und nicht irgendwie von Statisten geschauspielert. Es hat in diesen Momenten beinah den Anschein einer Doku über eine Fremde in Schottland. Deutlich wird dies nochmal durch die Sprache in der Originalfassung. Grober schottischer Akzent und Dialekt treffen auf „Normalo-Englisch“ von Scarlett Johansson. Der Eindruck, dass sich der weibliche Alien die menschliche Welt peu a peu als Tourist erschließe, verdeutlicht sich. Die ganze Natürlichkeit sieht man auch an Johanssons Figur. Ihre ikonenhaften „Avenger-Black-Widow“-Modelmaße sind hier nicht zu finden. Durch das Aussuchen eines aufreizenden Weltstars und wiederum diesen dann derart ungezwungen und mit anständigen, naturbelassenen Kurven weitab vom Fitnesswahn auflaufen zu lassen, macht aus der Rolle eine Ikone der Natürlichkeit, Schönheit und Anziehungskraft einer Frau – vorgegaukelt von einem Alien und viel bodenständiger als viele Menschen.
Einmal angeflirtet, kommen die meisten Männer zu den unheimlich wirkenden Appartements ihrer Verführerin mit. Einmal durch den pechschwarzen Eingang durch, bleibt die Szenerie auch ganz in schwarz gehüllt. Man sieht dem vermeintlich tödlichen Balz-Akt zu, wobei Sex lediglich angedeutet oder in Aussicht gestellt wird. Im Takt zur Musik balanciert Laura rückwärts durch das schwarze Nichts und zieht sich dabei langsam aus. Manchmal huscht Laura ein kecker, verschmitzter Schlafzimmerblick über das Gesicht, doch sonst zieht sie ihr Vorhaben stoisch durch. Die Männer folgen ihr, ziehen sich ebenfalls aus, versinken jedoch mit jedem unbeirrten Schritt, den sie näher an Laura herantreten wollen, in einer schwarzen Masse, bis sie schließlich von dieser, wie von Treibsand, verschlungen werden. Hieraus lassen sich viele Möglichkeiten zur Interpretation ableiten: blinde Lust, machtvolle Verführung, Dominanz und Unterwürfigkeit, Manipulation.
Im weiteren Verlauf des Films gibt es noch eine Schlüsselszene mit Lauras Spiegelbild. Lange betrachtet sie sich, als würde sie versuchen, zu verstehen oder versuchen, etwas zu erkennen. Auf der Suche nach dem Wesen der Menschlichkeit, begibt sie sich in verschiedene Situationen, um Grundbedürfnisse des Menschsein zu erleben, wie z. B. im Restaurant essen, oder der Hingabe zu echtem Sex. Vor allem letzteres gipfelt in Missempfindungen über ihre eigene Anziehungskraft. Letztendlich könnte man detektivisch weiter über jede einzelne Szene des Films berichten, denn zu finden, zu sehen, zu erleben, zu bestaunen, zu verstehen oder nicht zu verstehen gibt es genügend Material. Es freut, Stars wie Johansson in kleinen Arthouse-Produktionen zu finden, denn Film ist neben Unterhaltung auch ein Kunstmedium. Um keine Zeit zu verschwenden, machen Zuschauer, die reine Unterhaltung suchen, besser einen großen Bogen um „Under the Skin“. Wer sich in reinrassiges Arthouse stürzen will, dem sei dieser Film empfohlen. Die Wertung von 2,5 Sternen von 5 hat eigentlich keinerlei Aussagewert, weil das Gesehene in einem erst weiterarbeiten muss, um abschließend bewertet werden zu können. Ob eine Einordnung jemals gelingt, ist fraglich.
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