
Sie musste natürlich irgendwann kommen – die Gurke des Fests. Obwohl noch drei Tage vor mir liegen, wäre ich sehr überrascht, wenn irgendein Fim mein aktuelles "Lowlight", Revenge for Jolly!, unterbieten kann. Dafür wurde ich aber im Laufe des Tages mit zwei durchaus gelungenen Streifen entschädgt, die zugleich nicht unterschiedlicher sein können: Odd Thomas und A Field in England – effektreiches Popcornkino von Stephen Sommers versus experimentelle Schwarzweiß-Kunst von Ben Wheatley.
TAG 5

"Warum?". Das war die Frage, die ich mir während des Films immer und immer wieder gestellt habe. Warum haben sich so viele bekannte Schauspieler dazu bereit erklärt, in nutzlosen Gastauftritten diesen Film zu beehren? Elijah Wood, Kristen Wiig, Adam Brody, Garret Dillahunt, Gillian Jacobs und Ryan Phillipe sind nur einige der Namen, die unseren "Helden" auf deren Odyssee begegnen. Haben der Regisseur Chadd Harbold und Brian Pestos (der hier aus als Drehbuchautor fungierte) so viele Freunde in Hollywood oder haben sie einfach nur beeindruckendes Erpressungsmaterial gegen alle Beteilitgen gehabt? Oder haben die Schauspieler tatsächlich geglaubt, dass dieser Möchtegern-Tarantino/Shane Black in die Fußstapfen seiner Vorbilder treten könnte? Zugegeben, die Prämisse klingt gut und scheint sich bestens dazu zu eignen, bitterbösen schwarzen Humor auf die Zuschauern loszulassen. Humor? Fehlanzeige. Das Wort müssen die Macher erst einmal im Lexikon nachschlagen. Denn zwischen der endlosen Sauferei der beiden durchweg unsympathischen Hauptcharaktere, dem ellenlangen sinnlosen und schwerfälligen Geschwafel und einigen Tötungsorgien hat sich kein Funken an Humor verirrt. Jemand müsste die Macher davon unterrichten, dass die bloße Existenz von Celebrity-Cameos kein Selbstzweck sein darf.
Dass es auf dem Fantasy Filmfest jedes Jahr unvermeidlich den einen oder anderen Reinfall gibt, ist selbstverständlich, doch ich muss schon weit zurückdenken, um mich an einen schlechteren Film beim Fest zu erinnern als diesen Uwe-Boll-für-Arme. Pfui! 0,5/5

Am Ende bleibt Odd Thomas charmante Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger. Doch manchmal muss es auch nicht unbedingt mehr sein. Niemand wird Odd Thomas zu einem Genre-Meisterwerk erklären oder einem Film, der den Test der Zeit bestehen wird (erst recht nicht mit diesen Effekten), doch er macht es einem auch wirklich schwer, ihn nicht zu mögen. Und genau das tat ich. 3,5/5

Mit A Field in England sträubt sich Wheatley gegen alle Konventionen der klassischen Erzählstruktur und bewirbt sich als legitimer britischer Nachfolger von David Lynch. Sicher, zuweilen droht der Film ins Prätentiöse abzuschweifen und wer sich schon nach der ersten Sichtung einen Reim auf das Gesehene machen möchte, wird hoffnungslos verloren sein. Dafür belohnt er einen mit grandiosen Kameraaufnahmen, einem idiosynkratrischen, häufig unheilvollen und geradezu verstörenden Score und tollen Darstellerleistungen. Insbesondere Reece Shearsmith als der feige Whitehead, der seinen Mut erst finden muss und Michael Smiley als das personifizierte Böse (vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes) bleiben in Erinnerung, während der von Richard Glover gespielte Friend als Dumpfbacke für einige unerwartete Lacher sorgt. Denn eins lässt sich Wheatley sogar bei einem surrealen Werk wie diesem nicht nehmen – seinen Sinn für Humor. Herausragend bleibt auch eine Szene, die ein für alle Mal beweist, dass die Andeutung von etwas Schrecklichem viel unheimlicher und gruseliger sein kann als, wenn man es tatsächlich sieht. Ich sage nur: Schreie aus einem Zelt. Letztlich schaut man sich aber A Field in England wegen eines Gesamterlebnisses an, bei dem man (nicht unähnlich Terrence Malicks The Tree of Life) das Kino als ein Kunstwerk erlebt, welches man noch lange interpretieren kann oder auf welches man sich einfach einlässt und den gebotenen Bilderrausch genießt. 4/5
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