Mulan geht direkt zu Disney+, jedoch mit Extragebühr

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Mulan Disney Plus

Liu Yifei in Mulan © 2020 Walt Disney Pictures

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

Quelle: Walt Disney Pictures

Wie froh ich doch bin, dass ich am 13. März die Pressevorführung von Disneys Mulan-Realverfilmung besucht habe. Nicht nur sollte es die meine letzte Pressevorführung für die nächsten drei Monate werden und bislang der letzte wirklich große neue Film, den ich dieses Jahr im Kino sehen durfte, sondern es war möglicherweise auch meine einzige Gelegenheit, den Film jemals auf einer Kinoleinwand zu sehen.

Was sich schon abgezeichnet hat, nachdem Disney Mulan kürzlich vom Startplan genommen und angekündigt hat, die Veröffentlichungsstrategie des Films neu zu evaluieren, wird jetzt offiziell. Mulan geht zu Disney+, jedoch nicht ganz so, wie das einige vermutet haben. Im Gegensatz zu Disneys Artemis Fowl und Hamilton, die vom Kinostart zum Disney+-Stream wechselten, wird Mulan für Disney+-Kunden nicht im Flatrate-Angebot enthalten sein, sondern muss zusätzlich gegen eine Gebühr geliehen werden. Zu diesem Angebot werden allerdings nur Disney+-Kunden Zugang haben. Es ist ein ganz neues Experiment, das Disney da wagt, denn es müssen nun zwei Hürden überwunden werden, um den Film zu sehen: Man braucht ein monatliches Disney+-Abo und muss zusätzlich noch eine nicht sonderlich geringe Gebühr für den Verleih des Films entrichten.  In den USA wird die Verleihgebühr $29.99 betragen, zehn Dollar mehr als das, was Universal für Trolls World Tour, Der Unsichtbare, The Hunt und Emma. im März bzw. April verlangt hat. In anderen Ländern soll die Gebühr vergleichbar sein. Für Familien dürfte das gegenüber einem Kinobesuch natürlich immer noch eine Ersparnis darstellen, für Einzelpersonen ist der Preis aber natürlich schon happig.

Diese besondere Art der Veröffentlichung von Mulan soll ab dem 4. September in den Ländern erfolgen, in denen Disney+ bereits angeboten wird, also in den USA, in Kanada, Neuseeland, Australien und einer Reihe europäischer Länder. In anderen Ländern, in denen Disney+ aktuell nicht verfügbar ist und die Kinos geöffnet sind, ist weiterhin ein Kinostart geplant, speziell in China, wo inzwischen die Mehrheit der Kinos öffnen durfte, jedoch unter strengen Auflagen und einer Kapazitätsbegrenzung auf 30%. Nichtsdestotrotz ist China einer der wichtigsten Märkte für den Film, der auf einer der berühmtesten chinesischen Legenen beruht und mit einem nahezu gänzlich chinesischen Cast gedreht wurde.

Mulan wurde von Disney zweimal verschoben – von März auf Juli und von Juli auf August – bevor das Studio ihn vom Startplan genommen hat. Mulan trägt ein Budget von rund $200 Mio, und ist damit der bislang teuerste Film, der wegen der Corona-Krise zumindest zum Teil auf einen Kinostart zugunsten des Streamings verzichtet.

Für die Kinos in den betroffenen Ländern, die nach neuen Blockbustern lechzen, ist der Wegfall von Mulan ein sehr schwerer Schlag. Der neue Disney CEO Bob Chapek bezeichnete die ungewöhnliche Release-Strategie jedoch als "eine einmalige Sache" und kein neues Release-Modell.

Man kann es Disney nicht verübeln, dass das Studio versucht, das Beste aus einer wirklich schweren Situation zu machen. Es ist nicht absehbar, wann in den USA und diversen anderen Ländern regulärer Kinobetrieb laufen wird. Wieder steigende Corona-Zahlen in einigen "offenen" Märkten lassen die erneute Schließung der Kinos befürchten. Wenn uns dieses Jahr eins gelehrt hat, dann dass man wirklich keine Kristallkugel für die Zukunft besitzt. Das gilt aktuell mehr denn je. Durch die Schließungen der Kinos und der Freizeitparks verzeichnete auch Disney trotz des Erfolgs von Disney+ große Umsatzeinbußen in den letzten Monaten. Die exklusive Disney+-Veröffentlichung des Films hat zweierlei Vorteile für das Studio. Einerseits hofft Disney, so neue Kunden für den Streaming-Dienst zu rekrutieren, die möglicherweise das Abo auch nach der Sichtung des Films behalten werden. Andererseits wird Disney durch die Veröffentlichung auf einer eigenen Plattform die kompletten Einnahmen selbst einbehalten können.

Derweil geht Warner mit Christopher Nolans Tenet einen anderen Weg und wird den ebenfalls rund $200 Mio teuren Film ab Ende August in mehr als 70 Ländern weltweit im Kino veröffentlichen. Welche Strategie die "richtige" ist, wird sich mit der Zeit zeigen. Optimal sind beide nicht, aber was ist heutzutage schon optimal?

Wenn auch die deutsche Veröffentlichung von Mulan über Disney+ offiziell bestätigt wird, werden wir diesen Artikel entsprechend ergänzen. Immerhin dürfte dann mein Rezensions-Embargo zu dem Film bald auslaufen.