Savages (2012)

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Savages, USA 2012 • 131 Min • Regie: Oliver Stone • Drehbuch: Shane Salerno, Don Winslow & Oliver Stone • Mit: Aaron Johnson, Taylor Kitsch, Blake Lively, John Travolta, Benicio Del Toro, Salma Hayek • Kamera: Dan Mindel • Musik: Adam Peters FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Universal Pictures Kinostart: 11.10.2012 Website

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Oliver Stones „Savages“ begeht den schlimmsten Kardinalfehler, den ein Spielfilm – egal ob nun Thriller, Drama oder Komödie – begehen kann: Er ist schlichtweg langweilig. Trotz pulsierender, knackiger Bilder im schönsten Cinemascope-Gewand und Handlungssträngen in Hülle und Fülle schafft es das Werk nicht, dass man sich am Ende für die Ereignisse interessiert. Es wird zwischendurch wild geballert und brutal gefoltert, Drogen werden konsumiert und das Betthäschen geteilt – aber wen kümmert es? Das Betthäschen heißt hier O (Blake Lively) und eröffnet den Film mit einem Offkommentar: „Nur weil ich euch diese Story erzähle, heißt das noch lange nicht, dass ich deren Ende erleben werde. Es ist nämlich eine von den Geschichten, die total außer Kontrolle geraten.“ Da hat unsere Erzählerin mit ihrer Einschätzung leider Recht – außer Kontrolle ist in dieser Geschichte so einiges geraten und kaum ein Baustein harmoniert mit dem anderen. Im Mittelpunkt stehen die beiden US-Sunnyboys Chon (Taylor Kitsch) und Ben (Aaron Johnson), die sich im paradiesischen Laguna Beach ein boomendes Marihuana-Geschäft aufgebaut haben. Ben ist Geschäftsmann, Botaniker und außerdem überzeugter Buddhist, Chon ein Ex-Navy-SEAL und der Mann für die groben Angelegenheiten. Beide sind gleichzeitig mit ihrer großen Liebe O liiert und die Dreiecksbeziehung funktioniert perfekt. Bis Elena (Salma Hayek), der unbarmherzigen Baronin eines mexikanischen Drogenkartells, aufgrund erfolgloser Verhandlungen mit den Buddies schließlich der Kragen platzt und sie deren attraktive Angetraute kurzerhand von ihrem ergebenen Lakaien Lado (Benicio Del Toro) entführen lässt. Das gibt Ärger …

„Savages“ ist neben der schwarzen Komödie „U-Turn“ die wohl inhaltlich leichtverdaulichste Arbeit des dreifachen Oscar-Preisträgers Stone. Nichts hier ist wirklich kontrovers oder von weitreichender Bedeutung, außer für die Protagonisten selbst natürlich. Die Tür für einen geradlinigen Crimereißer stand sperrangelweit offen – aber der Regisseur legt sich an der Schwelle böse auf die Nase. Das Adjektiv überambitioniert ist in der Filmwelt nie positiv behaftet und trifft im Fall des zerfahrenen Werkes den Nagel leider sehr gut auf den Kopf. Irgendwo in dem gänzlich spannungsarmen Actionthriller stecken noch ein Mutter-Tochter-Drama, Hippieromantik und Weltverbesserungsvisionen, ein erbitterter Machtkampf, Kriegstraumaaufbereitung (Stichwort: „Wargasmus“ – kein Scherz!) und der innere Konflikt eines Pazifisten, selbst zur Waffe greifen zu müssen. Da aber keines dieser Elemente je genauer beleuchtet oder weiter ausgeführt wird, verliert man schnell jegliches Interesse an dem, was über die Entführungstory/Rettungsaktion hinausgeht. Und erst recht da will der Film dann nicht zünden, stellen sich die Antagonisten doch trotz ihrer überaus brutalen Methoden (Augäpfel werden rausgerissen und Köpfe mit der Kettensäge abgetrennt) als geradezu lächerliche Comicfiguren heraus, denen man ihre Verbrechen eigentlich gar nicht abnehmen mag. Das von Salma Hayek verkörperte Oberhaupt tut einem gegen Ende fast schon leid, wenn der gestressten Frau im Tumult gar die Perücke verrutscht – oder war man an dieser Stelle vielleicht zum Lachen aufgefordert? So ganz klar ist in „Savages“ eigentlich nie, wann Momente ernst, komisch oder nervenzerrend gemeint sind. Ich vermute, viele der vermeintlich komödiantischen Ansätze gehen schlicht auf das Unvermögen der Verantwortlichen zurück, den richtigen Ton der Geschichte zu treffen. Ein weiteres Beispiel dafür: O sitzt in ihrer Zelle und wird von den Schurken mit Pizza versorgt. Irgendwann blickt sie wehleidig in eine Überwachungskamera und fleht inständig darum, doch auch mal einen Salat zu erhalten. Ist das nun lustig? Tragisch? Eine versteckte Kritik am Fast Food-Konsum? Oder einfach nur dämlich?

Os Stimme geleitet uns in den Film, und man hätte sich unter all den unsympathischen Protagonisten keinen nervtötenderen Charakter aussuchen können, der sich zu den Geschehnissen äußert: Ihre grausam naiven Worte schmerzen, sobald sie sich erst ihren Weg ins Zuschauerhirn gebahnt haben und verwandeln die kalifornische Villa vor dem geistigen Auge in Barbies Puppenhaus. Die darstellerischen Leistungen in „Savages“ sind ansonsten durch die Bank solide ausgefallen, aber auch keiner besonderen Erwähnung wert. John Travolta ist übrigens noch mit von der Partie und mimt einen korrupten Gesetzeshüter. Ihm und dem unvorteilhaft frisierten Benicio Del Toro gehört die wahrscheinlich amüsanteste Szene, die in einer Küche spielt. Ich wäre einverstanden gewesen, wenn sich das Werk im Verlauf zu einem schlichten Haudraufactioner entwickelt hätte. Oder irgendetwas anderes, das sich nicht so unaufgeregt in seiner eigenen Langeweile und bemühten Schrägheit wälzt. Sam Peckinpah konnte Geschichten wie diese erzählen und Figuren etablieren, um die man sich im Verlauf tatsächlich sorgt. Oliver Stone dagegen ist hier scheinbar nur an einer schicken Inszenierung interessiert gewesen. Visuelle Tricks. Rasante Schnitte. Bilder, bei deren Anblick man entzückt mit der Zunge schnalzt. Die Handlungsfäden gleiten ihm dabei allerdings völlig aus den Händen und das Werk zerfällt in seine dysfunktionalen Einzelteile. Wenn man schließlich denkt, dass „Savages“ endlich ein Ende gefunden hat, tut der Regisseur dann etwas, das … Ich geb’s auf.


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