Oscars 2015: Unsere Vorschau – Teil 2

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Bester Nebendarsteller

Auch in der "Bester Nebendarsteller"-Kategorie ist das Feld der Kandidaten sehr breit aufgestellt, es gibt aber nur einen einzigen, der von den Globes, der SAG, der BAFTA und der BFCA nominiert wurde. Nur drei weitere wurden zumindest bei drei dieser vier Filmpreise nominiert. Das zeigt schon, wie uneindeutig das Stimmungsbild in dieser Kategorie ist.

Sicherer Kandidat

Mark RylanceMark Rylance (Bridge of Spies – Der Unterhändler) – Mark Rylance ist der einzige Schauspieler in der Kategorie, bei dem ich meine Hand ins Feuer legen würde, was eine Oscarnominierung betrifft. Zugleich würde ich ihn aber nicht als Favoriten in der Kategorie bezeichnen. Nur ein einziger Schauspieler (Daniel Day Lewis für Lincoln) hat jemals für eine Performance in einem Film von Steven Spielberg gewonnen, obwohl bereits zehn von Spielbergs Filmen als "Bester Film" im Rennen waren. Es würde mich wundern, wenn Rylance der zweite werden würde, insbesondere da die Performance wirklich subtil angelegt ist. Allerdings spricht für ihn, dass er als einziger der Darsteller im Rennen von der BAFTA, der Hollywood Foreign Press Association (Golden Globes) und der SAG nominiert wurde. Bei den Filmkritikerpreisen kam der britische Charakterschauspieler auch sehr gut weg und wurde von den Kritikerverbänden von New York, Boston, Toronto, Phoenix und Vancouver ausgezeichnet. Der Weg ist frei für seine allererste Oscarnominierung.

Wahrscheinliche Kandidaten

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Oscars 2015 Vorschau Teil 2 Sylvester StalloneSylvester Stallone (Creed – Rocky’s Legacy) – Nur wenige Schauspieler wurden in der Oscargeschichte für die gleiche Rolle mehr als einmal nominiert. Cate Blanchett hat es geschafft, Al Pacino und bald vermutlich auch Sylvester Stallone. Seine erste und einzige Oscarnominierung als Schauspieler erhielt er vor 38 Jahren für Rocky. Sein siebter Einsatz als Rocky Balboa in Creed – Rocky’s Legacy brachte ihm einige der besten Kritiken seiner gesamten Karriere ein und die National Board of Review zeichnete ihn schon zu Beginn des Oscar-Rennens als "Besten Nebendarsteller" aus. Die Umstände sind für Stallones Sieg eigentlich perfekt, denn kaum jemand hat ein so fulminantes Comeback zu der ausgelutschten Rolle des Boxers erwartet. Doch dann verpasste Stallone plötzlich die Nominierung der Schauspielergewerkschaft. Nur ein einziger Schauspieler hat in 21 Jahren den Nebendarsteller-Oscar gewonnen, ohne zuvor von der Screen Actors Guild nominiert gewesen zu sein – Christoph Waltz für Django Unchained. Doch Waltz gewann in dieser Kategorie bei den BAFTAs, die Stallone aber nicht einmal nominiert haben. Unter gewöhnlichen Umständen wäre ein Schauspieler ohne eine SAG- und eine BAFTA-Nominierung so gut wie raus aus dem Rennen und doch hat Stallone am Sonntag den Golden Globe für seine Rolle gewonnen. Die letzten acht Globe-Gewinner in dieser Kategorie gewannen später auch den Oscar. Zuletzt wurde 1975 ein Schauspieler von den Globes als "Bester Nebendarsteller" ausgezeichnet und war bei den Oscars nicht nominiert gewesen. Das spricht also sehr für Stallones Chancen, ebenso wie die Tatsache, dass seine Rolle die beste Chance der Academy ist, Creed überhaupt zu nominieren. Und ist Stallone erst einmal nominiert, würde es mich wundern, wenn er nicht zum Favoriten für den Sieg werden würde – siehe die Standing Ovation bei den Globes. Es ist seine Zeit.

Idris Elba (Beasts of No Nation) – Wäre Beasts of No Nation ein regulärer Kinofilm, würde Elba zu den sicheren Kandidaten gehören, doch wir reden hier von einer Netflix-Produktion, die in US-Kinos nicht einmal $1 Mio eingespielt hat. Beasts of No Nation wird zeigen, ob Hollywood bereit ist, Netflix als ein vollwertiges Studio zu akzeptieren. Bei den Serien ist es kein Problem, doch Filme sind anders. Die Schauspielergewerkschaft zeigte sich jedenfalls offen und nominierte nicht nur Elba, sondern gleich auch das Ensemble des Films. Die BAFTA und die Golden Globes setzten Elba ebenfalls auf die Liste der Nominierten, die BFCA aber nicht. Bein den Kritikerpreisen tauchte Elbas Name nur gelegentlich auf, wobei er in Washington D.C. immerhin prämiert wurde. Es wäre keine große Überraschung, würden die Oscars ihn vergessen, doch es ist die perfekte Rolle für die Oscars und Elba hat als Schauspieler längst mehr Anerkennung verdient.

Weitere Anwärter

Michael Shannon (99 Homes) – Michael Shannon wurde von der SAG, den Golden Globes und der BFCA für seine Performance nominiert, jedoch nicht von der BAFTA. Noch mehr als bei Idris Elba steht ihm die Tatsache im Weg, dass niemand den Film im Kino gesehen hat, doch im Gegensatz zu Beasts of No Nation war er nicht für alle über Netflix zugänglich gewesen. Außerdem hat der Streifen nicht den Prestigefaktor des Films über Kindersoldaten. Was also wirklich für ihn spricht, ist einfach die reine Qualität von Shannons furiosem Schauspiel, das zusätzlich von den Filmkritikerverbänden von San Francisco, Los Angeles und Kansas City ausgezeichnet wurde. Doch mich erinnert seine Performance an Angelina Jolie in Ein mutiger Weg, insofern, als dass sie auch von der BFCA, den Golden Globes und der SAG nominiert gewesen war, jedoch nicht von der BAFTA und letztendlich auch nicht von den Oscars.

Oscars 2015 Vorschau Teil 2 Benicio del ToroBenicio del Toro (Sicario) – Benicio del Toro gehört zu den besten Schauspielern Hollywoods, doch seine letzte Oscarnominierung (für 21 Gramm) liegt mehr als ein Jahrzehnt zurück. Sicario ist seine bislang beste Chance auf eine weitere Nominierung, doch nachdem die Schauspielergewerkschaft und die Golden Globes ihn nicht nominiert hatten, verlor man den Glauben an seine Chancen. Doch Sicario kehrte mit den Nominierungen der Produzentengewerkschaft und der Autorengewerkschaft ins Rennen zurück und mit dem Film auch del Toro, der von der BAFTA mit einer Nominierung bedacht wurde. Es wird darauf ankommen, wie gut Sicario bei der Academy abschneiden wird. Es ist durchaus möglich, dass der Film keine einzige Oscarnominierung erhält, aber auch, dass er als "Bester Film" nominiert wird und damit noch eine Menge weiterer Nominierungen absahnt. In diesem Fall wäre auch für del Toro eine drin.

Christian Bale (The Big Short) – Von der Hollywood Foreign Press Association als "Bester Hauptdarsteller" nominiert, erhielt Bale von der SAG und der BAFTA Nominierungen als "Bester Nebendarsteller". Bei den Kritikerpreisen sorgte seine Performance für wenig Aufsehen, doch die Nominierungen der SAG und der BAFTA reichen aus, um ihn im Rennen zu behalten, insbesondere da The Big Short zu einem immer größeren Oscarkandidaten heranwächst. Sollte der Film in vielen Kategorien nominiert werden, wird er auch seine Schauspieler mitziehen und von diesen hat Bale die besten Chancen auf eine Oscarnominierung.

Jacob Tremblay (Raum) – Wird Jacob Tremblay in die Fußstapfen von Haley Joel Osment (The Sixth Sense) und Quvenzhané Wallis (Beasts of the Southern Wild) folgen und als Kind eine Oscarnominierung erhalten? Beispiele gibt es genug in der Oscargeschichte, doch Tremblays Position ist nicht so stark wie die von Osment oder Wallis. Beide spielten in Filmen mit, die deutlich stärker im Oscar-Rennen waren als Raum, der möglicherweise nur noch für seine Hauptdarstellerin und sein Drehbuch nominiert werden wird. Außerdem erhielt Tremblay seine einzige nennenswerte Nominierung bislang nur von der Schauspielergewerkschaft, während er bei den Golden Globes und der BAFTA leer ausging. Er hat nur gute Chancen auf die Oscarnominierung, wenn Raum selbst als Film nominiert werden wird.

Paul Dano (Love & Mercy) – Paul Dano ist ein weiterer Fall der Kategorieverwirrung, denn er wurde sowohl als Nebendarsteller als auch als Hauptdarsteller in diesem Oscar-Rennen nominiert bzw. ausgezeichnet. Die Golden Globes und die BFCA nominierten Dano als "Besten Nebendarsteller", doch die Kritikerverbände von San Francisco und Boston zeichneten ihn stattdessen mit dem Hauptdarsteller-Preis aus. Bei den BAFTAs und der SAG wurde er wiederum gar nicht nominiert und verpasste damit zwei wichtige Industrie-Prädiktoren. Doch während das auch bei Sylvester Stallone der Fall ist, hat Dano keine 40 Jahre währende Karriere hinter sich, keinen Riesenhit im Rücken und spielte auch nicht eine der ikonischsten Rollen des US-Kinos. Dadurch sinken seine Chancen erheblich.

Mark Ruffalo (Spotlight) – Von der BFCA und den Golden Globes nominiert, wurde er von der SAG und den BAFTAs übergangen. Ruffalos größtes Problem ist, das er sich die Stimmen vermutlich mit den Co-Stars Liev Schreiber und Michael Keaton teilen muss, weil Spotlight ein Film mit vielen gleich guten Performances ist, die auch noch zur selben Kategorie gehören. Je nachdem, wie sehr die Academy den Film liebt, könnte Spotlight gar keine, eine, zwei oder sogar drei Nominierungen für seine Schauspieler bekommen. Momentan sehen Ruffalos Chancen angesichts der Konkurrenz jedoch eher düster aus.

Michael Keaton (Spotlight) – Michael Keatons einzige größere Auszeichnung für seine Performance in dem Film ist der Preis der New Yorker Filmkritiker – als "Bester Hauptdarsteller". Doch viel mehr hatte Marcia Gay Harden vor 15 Jahren auch nicht, als sie dann plötzlich für Pollock nicht nur eine Oscarnominierung erhielt, sondern den Oscar sogar gewann. Ausnahme bestätigt eher die Regel und es wäre ein Wunder, wenn Keaton sich ins Oscar-Rennen einschleichen könnte. Es würde bedeuten, dass die Unterstützung für den Film seitens der Academy sehr groß ist und er würde endgültig zum Favoriten für den Sieg als "Bester Film" werden.

Außenseitertipp

Tom Hardy (The Revenant – Der Rückkehrer) – Die Kritikerstimmen zu Tom Hardys Darbietung in The Revenant sind sehr positiv und mit Performances in Mad Max: Fury Road und Legend begeisterte Hardy letztes Jahr in zwei weiteren Filmen die Kritiker letztes Jahr. Seltsamerweise taucht sein Name im Oscar-Rennen dennoch kaum auf. Weder die BAFTA noch die SAG oder die Golden Globes nominierten ihn. Was ihn in der Kategorie dennoch "am Leben" hält, ist die Nominierung seitens der BCA, zahlreicher Kritikerverbände, aber vielmehr noch die Tatsache, dass The Revenant als Gesamtkandidat immer stärker wird und spätestens nach drei Golden-Globe-Siegen zu den fünf größten Anwärtern im Rennen wird. Sollte die Academy den Film auch so lieben wie die Hollywood Foreign Press Association und ihn mit Nominierungen überschütten, könnte auch Hardy eine erhalten – ähnlich wie Alan Alda einst für Aviator oder Clint Eastwood für Million Dollar Baby. Beide wurden im Vorfeld auch nur selten erwähnt und später von der Erfolgswelle ihrer jeweiligen Filme mitgetragen.

Vorhersage:

Mark Rylance (Bridge of Spies – Der Unterhändler)
Sylvester Stallone (Creed – Rocky’s Legacy)
Idris Elba (Beasts of No Nation)
Christian Bale (The Big Short)
Benicio del Toro (Sicario)

Weiter geht’s auf Seite 3 mit den Damen, die möglicherweise als "Beste Hauptdarstellerin" gegeneinander konkurrieren werden, darunter Cate Blanchett, Saoirse Ronan und Charlize Theron.