"Ghost Movie ist keine Parodie" – Interview mit Marlon Wayans

1
Marlon Wayans Interview

Zum deutschen Kinostart von Ghost Movie hatte ich die Gelegenheit mit Marlon Wayans, dem Drehbuchautor und Hauptdarsteller des Films zu sprechen. So unbeeindruckt ich von dem Film selbst auch war, so freute ich mich dennoch über die Gelegenheit mit dem Mann zu sprechen, der gemeinsam mit seinen Brüdern das gesamte Filmparodien-Subgenre mit Scary Movie äußerst erfolgreich (und witzig) wiederbelebt hat. Neben drei Sequels (der fünfte Film kommt noch dieses Jahr) zu diesem Film, wurden seitdem unzählige weitere Parodien (von Date Movie über Superhero Movie bis eben Ghost Movie) in die Kinos gebracht. Somit ist der Einfluss von Marlon Wayans und seinen Brüdern Keenen Ivory Wayans und Shawn Wayans nicht zu verleugnen.

____________________________________________________________

FilmFutter: Hi Marlon. Zunächst möchte ich Dir herzlich zum Erfolg von Ghost Movie gratulieren. Der Film ist ja ein richtiger Hit an den US-Kinokassen geworden.

ANZEIGE

Marlon Wayans: Ja, er hat $40 Mio hier eingespielt.

FF: Und das bei einem relativ geringen Budget, oder?

MW: Ja, es war ein sehr geringes Budget.

FF: Glückwunsch. Es ist sehr beeindruckend, wenn ein Independent-Film so erfolgreich läuft.

MW: Ja, er hat $1,7 Mio gekostet und $40 Mio eingespielt. Wenn ein Film hingegen $40 Mio kostet und nur $1,7 Mio einspielt, das ist gar nicht gut. (lacht)

FF: Das stimmt wohl! Wenn wir schon über großen Erfolg reden – deine Brüder Keenen Ivory und Shawn und Du, Ihr habt vor mehr als einem Jahrzehnt mehr oder weniger eigenhändig das gesamte Filmparodien-Genre wiederbelebt mit Scary Movie. Hattest Du je eine Ahnung, wie groß der Erfolg sein würde und wie lange dieser Trend danach andauern würde?

MW: Nein…nein, man macht es einfach. Die Leute mochten einfach unsere Sichtweise auf die Welt und die Filme. Wir waren ziemlich erfolgreich mit unserer Herangehensweise. Ich glaube also nicht, dass es so sehr das Genre selbst ist, das das Interesse der Zuschauer geweckt hat, sondern die Art, wie wir die Welt sehen.

FF: Seit Scary Movie gab es sehr viele ähnliche Filme. Natürlich die Fortsetzungen zu Scary Movie selbst, wobei Du nur noch beim ersten Sequel mitgemacht hast, aber auch eine Reihe weiterer Parodien wie Fantastic Movie, Disaster Movie, Date Movie usw. Auf eine Art hat sich dieses Subgenre bereits ausgespielt. Wieso wolltest Du also zu diesen Filmen zurückkehren mit Ghost Movie? Was an dem Film hat Dich gereizt?

MW: Ich denke die anderen haben es nicht richtig gemacht. Sie sind einfach auf den fahrenden Zug aufgesprungen, haben versucht eine Parodie zu drehen und dabei einfach nicht verstanden, dass man auch einen lustigen Film machen muss. Und ich habe einen lustigen Film gemacht. Ich war nicht so sehr damit beschäftigt, eine Parodie zu drehen, sondern einfach einen originellen und witzigen Film. Als wir den ersten Scary Movie gemacht haben, fand man den Film auch witzig, wenn man nicht all die Filme kannte, auf die darin angespielt wurde. Der Film war einfach witzig, weil es darin gute Charaktere und eine gute Geschichte gab. Es gab einfach viel witziges Zeug darin. Genau so wollte ich es bei Ghost Movie auch machen – eine originelle "Found Footage"-Komödie zu drehen und mich nicht so sehr darauf zu konzentrieren, eine Parodie zu drehen. Natürlich gibt es einige Momente im Film, in denen andere Filme parodiert werden. Aber Ghost Movie ist keine Parodie. Was toll ist an dem Film – es ist nicht die Art Film, bei der man Paranormal Activity oder Devil Inside unbedingt gesehen haben muss, damit er witzig ist.

FF: Ein anderer Trend, den ich bei vielen Parodien gemerkt habe ist, dass darin häufig einfach irgendwelche C-Promis vor die Kameras laufen und sich präsentieren. Es gibt aber keine richtige Story. Du versucht hingegen einen vollständigen, in sich geschlossenen Film zu präsentieren, mit einer Geschichte vom Anfang bis zum Ende und nicht nur eine Aneinanderreihung von Sketchen.

MW: Ja, wie ich gesagt hab: Sie machen eine schlechte Variante von dem, was wir tun. Was wir tun ist das, was wir immer tun. Es gibt bestimmte Muster und Formeln in unserer Familie, bestimmte Zutaten, die wir in unseren Filmen benutzen. Und die erste Zutat ist "Humor". Wir können komplett unbekannte Schauspieler nehmen und sie werden witzig sein. Als wir Scary Movie gemacht haben, gab es viele unbekannte Schauspieler in dem Film. Es gab einfach sehr viele witzige Leute und Charaktere. Wir haben uns damals nicht gedacht: "Hey, wir brauchen hier einen bekannten Namen und dort einen bekannten Namen!" Das nennen ich Gimmicks. Das sind schlechte Tricks und wir wollen keine Tricks. Wir wollen witzige Situationen und witzige Charaktere und deren Reaktionen sollen witzig sein.

FF: Das stimmt. Scary Movie besteht den Test der Zeit ganz gut, während fast alle anderen ähnlichen Filme es mit Sicherheit nicht tun. Nach mehr als zehn Jahren ist er immernoch sehr witzig.

MW: Danke! Das freut mich. Den ersten Scary Movie habe ich wirklich am liebsten gemacht, weil ich glaube, dass bei dem wir wirklich Zeit hatten, um das Projekt gut zu pflegen und zu entwickeln. Und dann wurden wir zu Teil 2 gehetzt. Der zweite Film ist immer noch witzig, aber er bestand mehr aus simplen Gags. Die Gags waren gut, aber ich glaube, dass wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, wir einen besseren Film hätten machen können. Und so kam Ghost Movie sehr natürlich zustande. Ich habe mir einfach überlegt, dass ich gerne eine "Found Footage"-Komödie machen würde. Also fing ich an, mir Paranormal Activity, Devil Inside und ähnliche Filme anzuschauen. Sie haben mich dazu inspiriert, eine "Found Footage"-Komödie zu inszenieren. Ich habe mich nämlich gefragt: "Warum verhalten sich die Leute so dumm in diesen Filmen?" In Ghost Movie passiert es einem schwarzen Pärchen. Es ist aber nicht einfach irgendein schwarzes Paar, es ist die Sicht der Zuschauer, seien es weiße Zuschauer, schwarze Zuschauer, hispanische Zuschauer…alle reden auf die Leinwand ein: "Idiot, geh da nicht rein!". Genau das wollte ich erreichten, den Blickwinkel der Zuschauer bei solchen Filmen zu zeigen nd ich denke das ist mir mit Ghost Movie gelungen.

FF: Was die ersten beiden Scary Movie-Filme und Ghost Movie von vielen ähnlichen Filmen unterscheidet ist das R-Rating (Anm. der Red.: hohe Altersfreigabe in den USA, ab 17 Jahren). Wolltest Du vom Anfang an diese Freigabe für Ghost Movie oder ergab sich das einfach?

MW: Ich habe es nicht bewusst versucht. Ich habe einfach den Film das sein lassen, was er ist. Aber die hohe Freigabe erlaubt einfach mehr unverschämten Humor und ich glaube unsere Zuschauer sind reifer geworden seit Scary Movie. Die Scary-Movie-Serie ist für Kids, ich versuche jetzt ein etwas älteres Publikum anzusprechen. Wegen YouTube und des Internets im Allgemeinen…jugendfreie Komödien machen einfach weniger Spaß als welche mit einem R-Rating.

FF: Das stimmt! Könntest Du dir vorstellen, jemals wieder zum Scary Movie-Franchise zurückzukehren, wenn du die Freiheit hättest, Dein Ding durchzuziehen?

MW: Ich glaube damit sind wir durch. Die Leute, denen das Franchise gehört, die Weinsteins, und wir, die Wayans, haben einfach unterschiedliche Sichtweisen darüber, was ein gutes Deal ist. Das Franchise hat ihnen $1 Milliarde engebracht und sie sehen es dennoch nicht ein, uns daran so zu beteiligen, wie es verdient wäre. Ich glaube sie sehen nicht unseren Wert in Bezug auf die Filmreihe und so machen sie ihr Ding und wir unseres.

FF: Die Serie wurde schlechter, nachdem Ihr ausgestiegen seid…

MW: Oh, das wissen wir. Ich glaube sie haben die Zuschauer eine Weile lang an der Nase herumgeführt, aber ich glaube beim neuen Film werden die Zuschauer schon früh genug riechen, womit sie es zu tun haben und sich denken "Es riecht wie ein Scheißhaufen." Nicht so unser Film, Ghost Movie. Er ist witzig. Ich sage nicht, dass er dein Leben verändern wird, aber zumindest deine Stimmung. Es ist einfach ein lustiger Film.

FF: Bei Ghost Movie hast Du nicht mit einem deiner Brüder oder sonst jemandem aus deiner Familie zusammengearbeitet. Schaut man deine Filmografie an, so ist das doch eigentlich ungewöhnlich. Wie kam es dazu?

MW: Es passierte einfach. Meine Brüder waren mit einem anderen Projekt beschäftigt und ich mit diesem. Wir sind jetzt große Jungs. Manchmal machen wir etwas gemeinsam und manchmal auch nicht. Letztendlich sind wir aber eine Marke und machen alles im Namen der Wayans.

FF: Hättest Du Interesse daran, wieder eine dramatische Rolle zu übernehmen wie in Requiem for a Dream?

MW: Wenn mir eine tolle Rolle angeboten wird, würde ich das sehr gerne tun. Aber es muss eine sehr gute Rolle sein und ein guter Regisseur. Wie zum Beispiel Django (Anm.: in Django Unchained). In dem Film, jeder schwarze Kerl, der nicht Django ist, ist einfach ein Sklave. Ich wäre aber gerne der Sklave mit der Waffe. Tolle Rollen sind selten und wenn eine kommt, übernehme ich sie gerne. In der Zwischenzeit aber liebe ich es, Komödien zu machen. Wenn eine gute dramatische Rolle kommt, dann spiele ich sie, aber ich greife nicht nach den Oscars. Mich interessieren eher die Menschen des Alltags, die gerne lachen wollen, albern sind und wieder Kinder sein wollen.

FF: Das Richard-Pryor-Biopic, in dem Du die Titelrolle spielen solltest, wäre doch eine sehr gute Mischung. Es gäbe genug Comedy-Elemente, aber auch Dramatik. Kommt das Projekt voran?

MW: Ich weiß nicht, ob das noch zustande kommen wird. Momentan ist das Projekt in Warteschleife. Wenn es tatsächlich zustande kommt, werde ich mich dafür vorbereiten. Ich mache jetzt schon Stand-Up Comedy und reise damit um die Welt. Dadurch werde ich besser. Wenn also der Richard-Pryor-Film vor die Kameras gehen sollte, werde ich bereit sein. Das Schöne daran, dass ich die Rolle bekam, war, dass ich so auf die Bühne kam. Anfangs wollte ich diesen Teil nur sehr gut spielen, aber jetzt will ich als Stand-Up Comedian sehr gut sein. Deshalb bin ich jetzt schon dankbar für diese Rolle. Ich stehe jede Woche auf der Bühne und werde immer besser. Ich bin bald in Boston und im Mai geht es nach Australien.

FF: Komm doch auch nach Deutschland!

MW: Das fände ich toll. Ich war bereits einige Male in Deutschland. Ich würde gerne auf der Bühne in Deutschland stehen.

FF: Übrigens, ein Film von Dir, den ich persönlich sehr lustig finde, ist White Chicks. Der Film war auch finanziell sehr erfolgreich. Hättest Du Interesse, eine Fortsetzung dazu zu drehen?

MW: Wir denken darüber nach. Es ist viel Arbeit und sehr viel Makeup. Aber wir überlegen uns das ernsthaft, weil White Chicks einer meiner Favoriten ist, von den Filmen, die ich gemacht habe.

FF: Der erste war jedenfalls extrem witzig.

MW: Oh danke!

FF: Was war der letzte Film, den du richtig witzig fandest?

MW: The Campaign (dt. Titel: Die Qual der Wahl) mit Will Ferrell und Zach Galifianakis. Der Film war unglaublich witzig. Als er (Anm: Will Ferrells Charakter) das Baby schlug, kippte ich fast um vor Lachen. Das war einer der witzigsten Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Ich musste immer wieder zurückspulen. Will Ferrell bringt mich zum Lachen, ich mag ihn sehr.

FF: Noch eine Frage zu deinen Basketballfilmen: Du hast in den Neunzigern Above the Rim und Der Teamgeist gemacht…

MW: Ich bin ein furchtbarer Basketballspieler, einfach furchtbar.

FF: Aber Du schaust die NBA-Spiele (Anm: National Basketball League), oder?

MW: Ich liebe die NBA!

FF: Und deine Lieblingsmannschaft?

MW: Ich mag alle Mannschaften mit der Ausnahme der (Los Angeles) Lakers. Ich mag jede andere Mannschaft, sogar die (Memphis) Grizzlies.

FF: Hättest du vielleicht Interesse wieder einen Sportfilm zu machen?

MW: Wenn er gut oder witzig ist – auf jeden Fall! Momentan will ich Filme machen, die gut und witzig sind und bei denen ich selbst Spaß habe. Ich will mit guten Leuten arbeiten. Deshalb mache ich Stand-Up Comedy. Ich versuche besser zu werden. Ich will Menschen zum Lachen bringen, Lächeln auf die Gesichter zaubern. Das ist meine Aufgabe.

FF: Und dafür sind wir auch dankbar. Vielen Dank für das Interview Marlon!