Looper (2012)

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Looper (2012) Filmkritik

Looper, USA 2012 • 118 Min • Regie & Drehbuch: Rian Johnson • Mit: Joseph Gordon-Levitt, Bruce Willis, Emily Blunt, Paul Dano, Jeff Daniels • Kamera: Steve Yedlin • Musik: Nathan Johnson • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Concorde Filmverleih • Kinostart: 3.10.2012 Deutsche Website

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

 

Ich selbst bin noch nie durch die Zeit gereist und kann aus diesem Grund keineswegs bezeugen, dass das Konzept, welches uns Regisseur Rian Johnson („Brick“) in seinem neuen Film „Looper“ verkauft, auch tatsächlich funktioniert. Allerdings: Kein Mensch hat bisher leibhaftig ein solches Abenteuer unternehmen können. Man darf sich also entspannt zurücklehnen und die hier präsentierte Science Fiction-Vision genießen, ohne bereits ein Diplom in „Zeitreisewissenschaften“ an der Wand hängen zu haben.

Looper lautet die Berufsbezeichnung für Männer, die in der nahen Zukunft für das organisierte Verbrechen unerwünschte Individuen aus dem Weg räumen. Jedoch nicht auf konventionelle Weise – die Befehle kommen aus einer ferneren Zukunft, in der das Töten aufgrund penibler Überwachungsmechanismen riskant geworden ist und Zeitreisen zwar möglich, aber illegalisiert worden sind. Die Gangsterbosse senden ihre Zielperson bereits fertig verpackt und mit dem Honorar für den Killer bestückt zurück in die Vergangenheit, wo sie dann direkt vor einer Waffenmündung aus dem Nichts auftaucht. Man muss nur abdrücken. Ein einfacher und äußerst lukrativer Job. Aber die Sache hat auch einen Haken: Wenn sich die Auftraggeber entscheiden, einen Loop zu schließen, geben sie die dreißig Jahre ältere Ausgabe ihres eigenen Hitmans zum Abschuß frei. Spuren werden so verwischt, der Täter begeht quasi Selbstmord und wird endgültig ausbezahlt. Ruhestand. Auch Joe (Joseph Gordon-Levitt) ist ein Looper, und auch für ihn hat irgendwann die letzte Stunde geschlagen. Aber sein älteres Ich (Bruce Willis) hat deutlich andere Pläne, als sich elendig erschießen zu lassen, und überwältigt Joe junior nach seiner Ankunft in der Gegenwart. Er sucht die frühere Ausgabe eines zukünftigen Tyrannen, der über besondere Fähigkeiten verfügt und Der Regenmacher genannt wird. Auf der Farm der alleinstehenden Mutter Sara (Emily Blunt) erwartet der von den unzufriedenen Gangstern inzwischen gejagte junge Joe schließlich sein flüchtiges und entschlossenes Selbst …

Johnsons aktuelle Arbeit entpuppt sich zunächst als erfrischend konzipierter Mix aus Zutaten, die unter anderem dem Noir-, Science Fiction- und Western-Kino entstammen. Inhaltlich darf man wohl anmerken, dass „Looper“ wie eine geschickte Fusion von Terry Gilliams „12 Monkeys“, James Camerons „Terminator“ und David Cronenbergs „Scanners“ anmutet – eine gehobene Referenzklasse, aber das intelligente wie aufregende Resultat schafft es durchaus, sich einen eigenen Platz im großen Genrekatalog zu sichern. Wie bei jedem guten Science Fiction-Film sind es auch hier in erster Linie nicht lautes Getöse oder teure Spezialeffekte, die das Publikum bei der Stange halten, sondern spannende Fragen, die sich aus der Geschichte ergeben. Etwa, ob wir in der Gegenwart einen Menschen unter der Vermutung töten könnten, dass dieser in der Zukunft fürchterliche Dinge anstellen wird? Würden wir uns in einer solchen Situation gar gegen uns selbst auflehnen, unsere Intuition gegen unseren Verstand und unser Wissen? In diesem Fall: Joseph Gordon-Levitt gegen Bruce Willis. Das Aufeinandertreffen der Lebensabschnitte in einem Diner führt vor, inwieweit sich doch die Ansichten einer einzelnen Person über die Jahre hinweg verändern können, auch wenn das Grundwesen noch immer im Inneren bestehen bleibt. Bemerkenswert ist hier das Spiel der zwei Hauptdarsteller, die ja tatsächlich denselben Charakter verkörpern. Man beachte beispielsweise Joseph Gordon-Levitt und wie verblüffend sich der Mime mit seinem Ausdruck seinem Gegenüber Bruce Willis anzugleichen versteht.

„Looper“ ist nun kein Film, der sich unnötig kompliziert in die Zuschauerhirne zwängt, aber es ist einer, der über seine knapp zweistündige Laufzeit die volle Aufmerksamkeit einfordert. Hier passiert viel, allerdings harmonieren die einzelnen Teile miteinander und der Aufbau wirkt nie zerfahren. Auch pure, teils brutale Actioneinlagen erwarten die Kinogänger. Nur kommen diese Momente nicht in hoher Frequenz vor oder werden so platt ausgewalzt, dass sie den cleveren Kern der Story in einem wüsten Spektakel ertränken. Das bisher aufwendigste Projekt des Independent-Filmers Johnson besticht in seiner Funktion als Genrehybrid, der sich auch nicht weigert, Fantasyelemente in seinem Grundgerüst zuzulassen. Was zunächst nur in Form kleiner Späßchen vorgeführt wird, gewinnt im Verlauf an bedrohlicher Bedeutung: In dieser Welt besitzen offenbar einige Menschen Kräfte, die sie zu fast gottähnlichen Kreaturen emporheben. In diesem Kontext erscheint dann auch der eigentlich unmögliche Vorgang der Zeitreise nicht mehr ganz so abwegig.

Während sich die erste Hälfte des Films voll dem düster-futuristischen Szenario widmet, wendet sich „Looper“ anschließend genauer seinen auf den ersten Blick unterkühlten Charakteren zu. Wahre Sympathieträger sind die Joes nun wirklich nicht, besteht/bestand ihre Aufgabe immerhin darin, andere Personen ohne mit der Wimper zu zucken zu liquidieren. Doch auch diese Killer erzählen persönliche Geschichten, berichten zeitgleich von ihrer Vergangenheit und ihrer Zukunft. Ihre grausamen Taten sehen wir nur im Jetzt, aber wir können ihre Beweggründe für diese letztlich nachvollziehen. Nicht nur auf dieser Ebene ist „Looper“ ein überaus faszinierender Kinotrip, der – anders als die meisten anderen, modernen Produktionen – neben seinen Schauwerten auch die Denkfähigkeit seines Publikums nicht beleidigt. Für ein zeitloses Meisterwerk hat es möglicherweise noch nicht ganz gereicht, aber dieses ambitionierte Science Fiction-Highlight spielt neben Christopher Nolans „Inception“ und Duncan Jones' „Source Code“ definitiv in einer der oberen Klassen mit.


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