Hounds of Love (2016) Kritik

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Hounds of Love, AUS 2016 • 108 Min • Regie & Drehbuch: Ben Young • Mit: Emma Booth, Stephen Curry, Ashleigh Cummings, Susie Porter, Damian de Montemas, Harrison Gilbertson • Kamera: Michael McDermott • Musik: Dan Luscombe • FSK: ab 16 Jahren • Verleih: Indeed Film • Heimkinostart: 20.10.2017 • Offizielle Website

Es ist ein unbehaglich-voyeuristischer Blick, der anfangs in hypnotischer Zeitlupe über die Körper von Teenager-Mädchen gleitet: In seinem Spielfilmdebüt „Hounds of Love“ verlegt der Regisseur Ben Young den australischen Horror aus dem Outback in die oberflächlich betrachtet ruhige Vorstadt. Wie schon sein Landsmann-Kollege Justin Kurzel bei seiner schockierenden True-Crime-Aufarbeitung „Die Morde von Snowtown“, setzt auch Young bei seinem Werk auf ein realistisches Grauen, das ohne exploitative Exzesse nur umso intensiver unter die Haut geht und noch lange nachwirkt. Die Geschichte über ein sadistisches Serienmörder-Paar, das im Perth der Achtziger Jahre junge Frauen entführt und in ihrem Haus quält und tötet, basiert laut dem Newcomer auf keinem spezifischen Vorfall, doch erinnert das erschütternde Geschehen deutlich an die sogenannten Moorhouse-Morde, die im etwa gleichen Zeitraum von David und Catherine Birnie begangen wurden.

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In „Hounds of Love“ ist es das Ehepaar John (Stephen Curry) und Evelyn White (Emma Booth), das auf den Straßen gemeinsam auf Opfersuche geht. Gleich zu Beginn wird den Zuschauern das verstörende Bild nach einer ihrer Taten vor Augen geführt: Die Frau muss Blut, Fäkalien und Folterwerkzeuge entsorgen, während ihr Mann die Leiche in einem Waldstück verscharrt. Es folgt der Schwenk zu der jungen Schülerin Vicki Maloney (Ashleigh Cummings), die nach der traumatischen Trennung ihrer Eltern zwischen dem Leben bei ihrem wohlhabenden Vater Trevor (Damian de Montemas) und dem bei ihrer kämpferischen Mutter Maggie (Susie Porter) pendeln muss. Ein Streit und die Einladung zu einer Party treiben Vicki nachts aus dem Haus und mitten in die Arme der todbringenden Liebenden. Unter einem Vorwand wird sie in deren unscheinbaren Anwesen unter Drogen gesetzt und schließlich gewaltvoll ans Bett gekettet. Schnell wird dem verängstigten Mädchen klar, dass es hier nicht um Lösegeld geht, sondern die unheimlichen Entführer viel schlimmeres mit ihr vorhaben. Um zu überleben, muss sie eine Schwachstelle in der obsessiven Beziehung der Whites finden …

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„Hounds of Love“ ist ganz sicher keiner dieser Filme, bei denen den Zuschauern vor der Sichtung ein flottes „Viel Spaß!“ mit auf den Weg gegeben werden sollte. Mit einem Gefühlsspektrum zwischen ernsthafter Beklemmung und tiefer Wut wird man sich – ähnlich wie die Protagonistin Vicki – vor der Leinwand gefesselt finden, ohne den Blick von dem erschütternden Szenario abwenden zu können. Ben Young inszeniert seinen Genre-Paukenschlag mit einer ähnlich ätzenden Spannung wie seinerzeit Tobe Hooper seinen Klassiker „Texas Chainsaw Massacre“. Der Ekel ist physisch spürbar, der Terror viszeral. Dabei entscheidet sich der Autor und Regisseur – genau wie der kürzlich verstorbene Horror-Meister – dafür, seinem Publikum die direkte Darstellung der Gewalt vorzuenthalten. Entweder zeigen die Aufnahmen einen anderen Ausschnitt der Szene oder die Kamera fährt während der Tat aus dem Raum und nur die Geräusche und verzweifelten Schreie sind zu vernehmen. Vor allem letztere sind an einer besonders eindringlichen Stelle kaum erträglich und man windet sich im Sessel, während Young einem buchstäblich die Tür vor der Nase zuschlägt. Das ist auch richtig so, denn mehr als die abgrundtief widerwärtigen Bilder sexuell motivierter Grausamkeit vor dem geistigen Auge sollte wirklich niemand in einem Film sehen!

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Doch warum sollte man sich einem derart niederschmetternden Brocken überhaupt aussetzen? Einerseits besteht für einige Zuschauer sicherlich das niedrige Bedürfnis, nur mal aus dem behüteten Leben einen Blick in menschliche Abgründe zu werfen, um danach wieder befreit in die heile Welt zurückzukehren. Andererseits unterstreicht nicht zuletzt das starke Ende nachdrücklich, worum es hier im Kern geht: Unter all den Dämonen, Schlitzern und Kettensägen-Schwingern im Genre-Kino verleiht „Hounds of Love“ dem leider hochaktuellen Thema „Gewalt gegenüber Frauen“ eine überaus hässliche Fratze zum Hassen und Fürchten. Im Gegensatz zu stumpfen Vertretern der Rape-and-Revenge-Gattung geht Youngs Film mit der nötigen Zurückhaltung und Ernsthaftigkeit vor. In den Rollen des Killer-Paares verkörpern Emma Booth und Stephen Curry nicht etwa comichaft überzeichnete Antagonisten, sondern gefährliche Psychopathen mit wahrhaft scheußlichen Neigungen, die zu keinem Moment relativiert werden. Durch die Augen ihres von Ashleigh Cummings ergreifend gespielten Opfers durchlebt man ein unfassbares Martyrium, in dem das schwache Licht der Hoffnung mit jeder Minute zu schwinden scheint.

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Keine Frage, für „Hounds of Love“ braucht man ein extrem starkes Nervenkorsett: Das Grauen aus der Nachbarschaft beschäftigt einen wesentlich nachhaltiger als Freddy, Jason und Co.


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