"Daredevil"-Star Charlie Cox im Interview: "Daredevil und der Punisher können nicht co-existieren"

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FF: So sehr ich die aktuelle Staffel bisher mag, vermisse ich Vincent D’Onofrio als Fisk. Werden wir ihn vielleicht demnächst wieder sehen?

Werbe-Platzhalter. Von irgendwas müssen wir auch leben ;-)

CC: I kann es beim besten Willen nicht beantworten. (lacht)

FF: Hey, ich musste es versuchen! Basieren die irischen Gangs in Staffel 2 auf Gangs aus den Comics?

CC: Bis zu einem gewissen Grad, wie bei den meisten unserer Charaktere. Tony Currans Figur basiert auf einem Charakter aus den Comics und es gibt in Folge 4 sogar ein Easter Egg, das direkt mit den Comics verbunden ist, aber ich werde es nicht verraten.

FF: Wir haben Daredevils Sicht, die brennende Welt, nur ein einziges Mal in der ersten Season gesehen und seitdem nie wieder. Ich war überrascht, dass es nicht häufiger eingesetzt wurde.

CC: Ich denke nicht, dass wir das wieder sehen werden. Ich würde nicht sagen, dass es nicht funktioniert hat, aber die Gefahr, die man damit läuft, ist, dass man den Zuschauern einen visuellen Eindruck davon vermittelt, was Daredevil erlebt. Ich denke, der Punkt ist, dass man es nicht weiß. Wie Matt die Welt erlebt, entzieht sich jeder Beschreibung, so wie man eine Farbe, die jemand nie gesehen hat, dieser Person auch kaum erklären kann. Man wird dem nicht gerecht, wenn man es in der Serie zeigt. Ich denke, dass es eine Ganzkörper-Erfahrung ist für Matt, wie eine vierte Dimension.

FF: Bilde ich mir das nur ein oder setzt Du in der zweiten Staffel eine tiefere Stimme als Daredevil ein?

CC: Es kommt darauf an, mit wem mein Charakter gerade in der Szene ist. Wenn Daredevil in der Serie bekannter wird, steigt die Gefahr, dass seine Identität enthüllt wird, insbesondere wenn er mit jemandem zusammen ist, der ihn kennen könnte. Generell beharrte Marvel darauf, dass ich keine sehr tiefe Stimmlage nutze, weil sie nicht wollten, dass ich den "Batman" mache, wie sie es nannten. Nachdem ich zwei Staffeln von "Daredevil" gemacht habe, kann ich absolut verstehen, warum Christian Bale das gemacht hat und ich bewundere es. Die meisten von Matts Sätzen als Daredevil sind einschüchternd, kurz und aggressiv wie (spricht in tiefer, knurrender Stimme): "Wo ist er?! Sag mir seinen Namen! Für wen arbeitest du?!" Es ist unmöglich, das mit der normalen ruhigen Stimme zu sagen, weil es dann lächerlich klingt. Wenn ich jemanden packe, ihn gegen die Wand drücke und ihn in normaler Stimme frage "Wer bist du?!" klingt das bescheuert.

FF: Kommt als nächstes für Dich "The Defenders"?

CC: Ich gehe davon aus, aber ich weiß es nicht. Ehrlich, Marvel sagt mir gar nichts, also kann ich diese Frage problemlos beantworten, ohne Angst haben zu müssen, etwas zu verraten. Sie drehen gerade "Luke Cage" zu Ende und sie besetzten kürzlich Finn Jones als Iron Fist. Ich nehme an, dass wenn sie mit dessen Serie durch sind, sie The Defenders Ende diesen oder Anfangs nächsten Jahres drehen.

Charlie Cox Interview Daredevil 2

FF: Netflix veröffentlicht keine Zuschauerzahlen für die Serien. Macht es für Dich als Schauspieler einen Unterschied, zu wissen wie viele Menschen Deine Arbeit sehen?

CC: Wenn es ein großer Erfolg ist, würde ich es gerne wissen! Aber es ist ein zweischneidiges Schwert. Netflix hat mir gesagt, dass die Zahlen gut sind, aber mehr weiß ich nicht. Rein geschäftlich gesehen, macht das schon einen Unterschied für meine Karriere. Wenn die Zahlen veröffentlicht werden würden und sehr hoch wären, dass würden meine Agenten sie nutzen können, um mir eine Rolle in Zukunft zu ergattern. Davon abgesehen aber, denke ich, dass es grundsätzlich besser für die Industrie ist, wenn der Status Quo bleibt. Leute werden von Zahlen leicht beeinflusst. Und die Zahlen spiegeln häufig die Qualität einer Serie nicht wider. Das gilt auf jeden Fall für Filme. Ich habe fantastische Filme gesehen, die an den Kinokassen finanziell versagten, weil ihre Einnahmen am Startwochenende nicht gut genug waren. Das ist lächerlich, weil es mehr über das Wetter und das Marketing aussagt, als über den Film.

FF: Dein Film Sternenwanderer ist ein gutes Beispiel dafür.

CC: Meine Karriere hat von diesem Flop stark gelitten. Sternenwanderer kam in den USA mit beachtlichen Kritiken in die Kinos und war sehr intelligent für einen Familienfilm. Er machte wirklich viel Spaß. Dann ging er in den USA komplett unter. Das Studio forschte nach und fand heraus, dass 95% der Zuschauer in den ersten zwei Wochen über 25 waren. Sie haben komplett dabei versagt, die Kinder in die Kinos zu bekommen. In Großbritannien wurde der Film einen Monat später veröffentlicht und dort veränderte man die Tagline auf dem Poster zu Das Märchen, das sich nicht benimmt – und der Film wurde zu einem großen Erfolg, was aber leider keinen Unterschied hinsichtlich des Gesamterfolgs des Films ausmacht. (lacht) Dadurch, dass sie keine Zahlen veröffentlichen, zwingt Netflix die Zuschauer, ihre eigene Meinung zu bilden. Ich halte mich selbst für eine recht offene Person, aber wenn mir jemand sagt, dass sie einen Film nicht mochten und er gar kein Geld eingenommen hat, kann es gut sein, dass ich ihn letzten Endes nicht sehe.

FF: Wie sieht Du Superhelden im Kontext der modernen Welt?

CC: Ich glaube, dass einer der Gründe für die Erschaffung von Superhelden in den Comics es war, moderne Versionen von Märchen zu erschaffen. Man ist hoffentlich in der Lage, sich mit den heldenhaften Taten und dem Triumph über Widerstände zu identifizieren. Als Kind oder Jugendlicher kann man das sehen oder lesen und dann den Helden in sich selbst erkennen bzw. die Fähigkeit, in dem Moment über sich hinauszuwachsen, um etwas Großes oder Selbstloses zu tun. Wenn es also bei den Superhelden darum geht, dann ist es vielleicht einfacher, sich damit zu identifizieren, wenn es im kleinen Rahmen auf der Straße stattfindet. Es ist schwieriger sich damit zu identifizieren, wenn der Held die ganze Welt oder das Universum rettet. Es ist natürlich tolle Unterhaltung und diese Helden haben auch wundervolle Eigenschaften. Eins der Probleme von heute ist es, dass man das Gefühl hat, die Probleme der Welt seien so groß, dass man selbst hilflos sei und nichts verändern könnte. Ich glaube nicht daran. Daredevil hat keine großen Kräfte, also löst er ein Problem nach und nach, mit einem Schurken nach dem anderen. Vielleicht ist meine Ansicht zu romantisch und verklärt, aber hoffentlich gibt es junge Leute, die das sehen, die Ähnlichkeiten in ihren Leben erkennen und sich fragen, was sie diesbezüglich heute tun können.

FF: Jon Bernthal hat gesagt, dass "Daredevil" für ihn keine Superheldenserie ist, sondern die Geschichte eines Mannes. Was ist Deine Sichtweise?

CC: Ich würde sagen, dass er mein Zitat klaut! Wir versuchen eine Krimiserie mit einem Superhelden-Element zu machen. Wenn es uns gelingt, dann muss sich die Serie auf das Superhelden-Element gar nicht verlassen. Das ist nur ein Bonus. Also ich bin kein Riesenfan von Comic-Serien oder –Verfilmungen. Ich habe sie alle gesehen, aber wenn ich privat ins Kino gehe, schaue ich mir lieber ein einfaches Drama an, wie Sideways oder Little Miss Sunshine. Ich liebe melancholische Filme. Shane Meadows, der Macher von This Is England, ist einer meiner Lieblingsregisseure. Ich glaube fest daran, dass man kein Fan des Superheldengenres sein muss, um Spaß an unserer Serie zu haben.

von Arthur Awanesjan
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Weitere "Daredevil"-Interviews:

Élodie Yung (Elektra)

Alle 13 Folgen der 2. "Daredevil"-Staffel werden ab 18.März, 9:00 über Netflix Deutschland abrufbar sein. Hier ist ein Vorgeschmack:

Alle Bilder © Netflix